Anna Techte, Krandorf
Am Freitag haben ein Freund und ich dabei geholfen, eine wegen Baumaßnahmen frisch gefällte, ungefähr fünfzigjährige, Magnolie wegzuräumen. Das war sowohl schrecklich, als auch faszinierend für mich. Als ob das Drama unserer Zeit sich wieder mal ganz direkt zu mir gesellt hat.
Der Fäller, ein fünfzigjähriger, gutgelaunter Mann, kletterte mit einer Behändigkeit, die mich sofort fröhlich machte, ohne Hilfsmittel den Stamm hoch, schmiss oben die Motorkettensäge an (wobei sein Ast beachtlich schwankte) und sägte Ast für Ast den Baum herunter, bis alles weg war. Das dauerte keine Stunde. Ganz kundig gelang es ihm in unglaublicher Geschwindigkeit zu erfassen, wie er es anstellen muss, dass keiner der Äste in die Fenster des zweistöckigen Hauses fällt oder Dachrinne und Zaun zerschlägt. Wir räumten die Äste und Stammenden weg und bargen alles bis zu halber Unterarmstärke als Brennholz für meine Öfen – ein halbes Jahrhundert Wachstum in einem Auto mit Hänger. Davon habe ich ungefähr zwei Wochen eine warme Werkstatt und Küche, die ja auch mein Wohnzimmer und Büro ist.
Bevor der Kletterer den riesigen Haufen in klitzekleine Stücke sägte, versuchte ich, viele der voller Blüten- und Blattknospen sitzenden Zweige zu bergen und an Passanten zu verschenken – manche waren ganz scharf drauf, andere lehnten ab. Die frisch gesägten Holzstückchen stopften wir in drei Bigpacks, der große Sack passte noch auf meinen Hänger, die beiden kleinen nahm der Fäller in seinem Lieferauto für die Biotonnen im Kleingartenverein mit. Ich werde damit Lagerfeuer machen.
Bei der ganzen Aktion ließ es ich kaum verhindern, auf unzählige Schneeglöckchen, die den nahenden Frühling einläuteten, zu treten.
Das Fällen war schon lange eine beschlossene Sache gewesen, für 300€ hätte das eine Firma erledigt. Wir haben das dann lieber privat organisiert und auf Bezahlung verzichtet. Da der Hausbesitzer, auf dessen Grundstück die Magnolie stand, weiß, dass ich oft etwas gebrauchen kann, was sonst ENTSORGT werden würde, sagte er mir rechtzeitig bescheid. Mein Motiv war, die dicken Stammenden zu bekommen, um daraus etwas zu bauen, wenn das Holz trocken ist.
Als die Baumreste auf dem Hof verstaut waren, nahm ich im Wasser meines holzbebefeuerten Ofens ein Bad, das verwöhnt die Knochen des an die körperliche Arbeit gewöhnten Körpers. Danach habe ich tief und alptraumlos geschlafen.
