Christoph Sanders, Thalheim
Sonniger Morgen – Flutlicht! Tauben auf den Wipfeln in Stereo, nur ganz sanfter Nordwest, die Rauchsäulen über den Schornsteinchen sind kaum aus der Ruhe zu bringen.
Gestern Trip nach Gießen, was über drei Stunden im Wind bedeutet. Sehr gutes Training, aber zu wenig Sonne. Keine nennenswerten Klassikfunde. Die Kunden durchstreiften mit Preis-Apps den Laden auf der Suche nach Rock und Pop, während der Altrocker hinter der Theke leicht missmutig auf die Szene blickt und Ware sortierte. Die Gartenmesse schien gut besucht gewesen zu sein – ich sah volle Autos davonfahren und letzte Taschenträger hinausgehen.

Parallel zu meiner Route verläuft die vierspurige B49, von der wohl ein Teil gesperrt war – plötzlich schossen Wagenkolonnen an mir vorbei; wo sonst ländliche Ruhe herrscht, wurde ich angehupt wie nie; nach 5 Kilometern war der Spuk vorbei. Entlang der Strecke am Waldrand bunte Rohre: Das Glasfasernetz wird in die rückständigen Regionen gezogen. In der Umgebung nach wie vor riesige Mengen Holz, die davongebracht werden – manche Kommune scheint sich beeilt zu haben, kaum zwanzigährige Bäume zu fällen. Am Abend grüßte mich, bepudert von dünnen Schleierwolken, der Vollmond, am Morgen zuvor sah ich ihn noch angeschnittenen untergehen.
Gut erholt mit klarem grünen Sencha.

Heute ein durchsonnter Spaziergang mit der gestern eingetroffenen Austauschschülerin. Im Wald sehr entspannt mit den beiden Girls auf D, E und F alles Wichtige geklärt: Morgens Matcha mit Milch – ich bin instruiert. Ein WK-II-Jäger mit US-Stern überfliegt uns. Die Traktoren durchkämmen mit ihren riesigen Harken die Wiesen. Am Rand blüht gelb das Scharbockskraut.
Das Radio meldet, dass eine weitere Variante der Vogelgrippe auf das us-amerikanische Milchvieh übergesprungen ist. Die Türkei hilft nun mit Exporten in die Staaten aus. An der Stelle wirds brenzlig, da vermutlich die Verbraucherpreise steigen werden. 40 Prozent soll der Anteil „illegaler Migranten“ unter den Farmarbeitern betragen.
Juli Zeh im Schweizer Fernsehen gut – man merkt den juristisch geschulten Verstand. Das ist etwas, womit ein Erregungsjournalist selten konfrontiert wird, was auch daran liegt, dass es ausserhalb des klassischen Erzählsystems liegt.
Nachtgruß eines pappsatten Besuchers des Sushirestaurants „Rubi“ in Limburg. Unser Gastkind zufrieden, mein Girls-Triple zufrieden und ich auch. Roher Thunfisch ist eine absolute Delikatesse! Sehr zartes Fleisch, ganz dünn geschält, ebenso der Ingwer. Zu unseren Köpfen ein künstlicher Herbstahornbaum. Geschmackvolles, japanisches Geschirr. Wir kamen zum Glück später als die Masse. Ein wunderbarer Sternenhimmel – es wird also wieder unter die Nullmarke gehen. Nun bettwärts. Wasabi reinigt die Bronchien. Morgen das weiße Rad bei blauer Frische.
