Frank Schott, Leipzig
Tag 9. Abschließende Etappe meiner Tour auf dem Elberadweg. Die endet früher als vorgesehen – da es ab morgen regnen soll, haben unsere Nachbarn für den Abend eine Grillparty angesetzt. Statt um 18 Uhr in den Zug zu steigen, habe ich auf 13 Uhr umgebucht.

Ich lasse den Schlenker nach Jerichow aus und nehme den direkten Weg nach Magdeburg über die Schartau‑Rogätz‑Fähre. Nach einem trüben Tagesbeginn wird es doch noch ein sonniger Vormittag. Der aufkommende Wind kündigt aber bereits das Tiefdruckgebiet an.

Heute meide ich die holprigen Radwege und fahre stattdessen auf gepflegten Straßen. Es sind kaum Autos unterwegs. Ein Corsa vom Pflegedienst schafft es dennoch, mir die Vorfahrt zu nehmen. Staub steigt in der Ferne auf – Traktoren bestellen die Äcker. Der Mais steht noch in Reih und Glied – aber nicht mehr lange! Ich entdecke eine gut erhaltene Windmühle und schaue sie mir an.

In Rogätz besteigen neben mir zwei Motorradfahrer die Fähre. Der eine hat eine Yamaha, der andere eine gut erhaltene MZ ETZ 250. In der DDR hatte man es bei der Benennung von Dingen nicht so mit der Phantasie. So steht MZ für Motorradwerk Zschopau, ETZ für Einheitstyp Zschopau und die 250 für den Hubraum, aufgerundet von 243 cm³. Ähnlich war es bei der Tontechnik: KR hieß der Kassettenrekorder (mono) und SKR der Stereokassettenrekorder.

Die Fähre Rogätz ist die einzige auf meiner Tour, die mit Motorkraft betrieben wird. Alle anderen waren Gierseilfähren und nutzten die Strömung, um zwischen den Ufern zu pendeln. Das dahinter liegende Prinzip wird seit fast vierhundert Jahren angewendet.

Bei Niegripp biege ich zum Mittellandkanal ab und sehe zum zweiten Mal Schiffe auf der Reise. Gegen 12 Uhr bin ich am Magdeburger Hauptbahnhof. Nach 998,1 Kilometern beende ich meine Tour. Ich habe nur ganz knapp die 1000 verpasst – es sei denn, ich zähle die 2,5 Kilometer in Leipzig zum und vom Bahnhof einfach dazu.

Was bleibt: atemberaubende Landschaften, viele Tierbegegnungen, alte Städte und verlorene Dörfer, einige interessante Gespräche (so wenig, wie in diesen neun Tagen, habe ich lange nicht gesprochen), ein Elberadweg mit mysteriösen Verläufen und natürlich der Fluss selbst: Lebensader, Kulturraum, Biotop.
Großartig war es.
