Christoph Sanders, Thalheim
Ein kühler, zum Teil blauer Morgen. Etwas ruhiger als sonst, aber in den Bäumen doch bewegt. Die Tauben dringen ins Astwerk ein, die Verteilungskämpfe mit ihren Hauptfeinden Elster, Häher und Specht scheinen beendet. Unser Haus riecht nach dem Vollwaschmittel, das irrtümlich besorgt wurde und mit dessen Dunst ich auf Kriegsfuss stehe. Fast alle dieser Sorten sind in einer Weise pafümiert, die wohl eine penetrante Form von aggressiver Sauberkeit signalisieren soll. (Einer der Gründe, warum ich Rennradfahrer in Lycrazeugs meide.)

Bei steifer Nordwestbrise kein guter Tag auf dem Rad: Am Bahnhof Steinefrenz ein Plattfuss – Zweitschlauch eingezogen, mit der vierzig Jahre alten SKS Rennstar befüllt. Zu Hause Flickstunde: Nadelstich und ein neuer Mantel, nicht nur der Abrieb ist dessen Feind, auch UV-Licht, durch das neuere Gummimischungen spröde werden.
Im Bahnhof Steinefrenz wird der Westerwald-Ton verladen und nach Norditalien gebracht, wo inzwischen die großen Produktionsstätten ansässig sind. In unserer Ecke gibts nur noch etwas Fliesenindustrie (Steuler) und die interessante Weiterverarbeitungsfirma Witgert in Herschbach, die Ton zu keramischen Fertigmassen aufbereitet. Das regionale Gedächtnis der Zunft befindet sich im Keramikmuseum Westerwald, das regelmäßig aus den Nachlässen Töpferware kauft.

Nachdem mein neues Smartphone mehrfach plingte, hab ich es jetzt kurzerhand ausgestellt. Ich werde nicht damit warm, dass mir jeder jederzeit IRGENDWAS zusenden kann. Das Festnetz wird von den meisten nur benutzt, wenn es brenzlig ist und man ein wirkliches Gespräch sucht. Die Email ist eine großartige Erfindung, scheint aber eine eingebaute Hemmschwelle zu haben. Mein Verdacht: All diese omnipräsenten Geräte stehlen uns Zeit und erzeugen nur ein Grundrauschen aber keine Kommunikation. Einzig reeller, zählbarer Sinn: Die Erweiterung und Beschleunigung der Verkaufszone.
Brauche mehr Schlaf.
