Helko Reschitzki, Moabit
Nach 14 Tagen Engpass Bio-Paranüsse bekommen – im Norma, der bislang unter meinem Nussradar. Moabit und dessen Supermärkte und Läden auffallend leer – Monatsende in einem ärmeren Bezirk. Viele Einwohner mit Jobs (auch mehreren), wo der Lohn kaum zum Leben reicht, plus Transfergeldempfänger. Am 30., 31., 01. und 02. die höher frequentierten Bankautomaten mit Wachleuten, weil ab und an jemand ausflippt, wenn noch nichts überwiesen wurde. Nervöses Anstehen. Ab spätestens Dienstag wird wieder eingekauft.
Wollte in der Sparkasse die Papierbriefspams abbestellen. Bevor ich wegen der zu langen Wartezeit aufgab, las ich ein wenig im BSK-Display: Um gegen sogenannte Wildbader vorzugehen, wird nun rund um den Plötzensee der Zaun erhöht – der Kleinkrieg geht also weiter. Vor ca. zehn Jahren hatten die Ämter mit uns dort noch so eine Art Gentlemen’s Agreement: Wir lassen euch stillweigend ein kleines Zaunfeld offen, ihr achtet darauf, dass sich jeder benimmt und seinen Abfall ordentlich entsorgt. Hat lange prima funktioniert. Dann kamen die Partypeople und bestellten sich Fastfood und Alk mitten ins Landschaftsschutzgebiet. Keine Jugendlichen, eher so Anfang 30, Typ verklemmtes Kleinstadtgroßmaul, das nun denkt, mit dem Zuzug die Sau rauslassen zu können. Schmeißen aus Jux den E-Roller ins Wasser. Die Hippster haben hier viel kaputt gemacht.

Durchaus passend weiter im Sparkassen-TV: Der Soldiner Kiez hat ein massives Müllproblem – pro Jahr gibts tausende Beschwerden beim Ordnungsamt. Dieses will nun „Waste Watcher“ einsetzen – ein Projekt, das in Neukölln bereits komplett gescheitert ist. Dort waren 102 (!) Stellen geplant, am Ende wurden es 2 (zwei). „Die Strategie besteht aus Kontrolle, Aufklärung und Prävention“. Das Wichtigste bei der Schulung war wohl das Deeskalationstraining. Wenn man sich ein wenig ins Thema liest, wird man schockdepressiv. Keiner fühlt sich mehr verpflichtet, Probleme STRUKTURELL zu lösen, alles wird übers Geld geregelt. Am Ende ändert sich nichts, außer dass die Kohle irgendwo versickert ist. Blöd, dass die dann an wirklich wichtigen Stellen fehlt.
Aus einem kreuzberger Antiquariat die CD „Quo vadis. Куда идем“ von Микаэл Таривердиев mitgenommen – eine Orgelsinfonie im Gedenken ans AKW-Unglück in Tschernobyl. Passt perfekt, da ich gerade an einem Grafikbüchlein zum Thema arbeite – 2026 ist das 40 Jahre her. Damals gabs in unserer rostocker Mensa erst- und einzigmalig frischen Salat – der wurde normalerweise in die BRD exportiert, die den aber voller Angst stornierte, es war die Zeit der Geigerzähler. Für uns Ostzonen-Studenten war er gut genug – man sprach ja auch oft von einer strahlenden Zukunft des Sozialismus.

Treffe eine Nachbarin, die fragt, ob ich bereits schwimmen gehe. Ne, zu kalt, steige erst ab 13 Grad Wassertemperatur wieder ein. Neben uns Weihnachtsbäume, die seit Januar herumliegen (wie überall in der Stadt). Wir sind uns absolut sicher, dass ich eher die Badesaison eröffnen werde, als dass der Haufen verschwindet. Falls er im Advent noch da ist, werden wir ihn schmücken. Gestern und heute erneuter Streik der Verkehrsgesellschaft, und das, obwohl sich die Verhandlungspartner geeinigt hatten. Versteht keene Sau.
Ein akustisch auffallend ruhiger Tag, nur ganz selten ist ein Vogel zu vernehmen. Um die 8° C mit einer unangenehm unter die Kleidung kriechenden feuchten Luft. Dauerdampfende Teekanne. So gehts.
