Helko Reschitzki, Moabit

Freitagfrüh Bahnreise nach Mäkelborg, wo ich zuerst in Wakenstädt, einem Dorf in Nordwestmecklenburg, eine Freundin besuche. Hier fand 1712 die berühmte Schlacht statt, in der die schwedischen Truppen die Dänen und Sachsen besiegten. Seit fünfzehn Jahren stellen Historienfreaks in akribisch nachempfundenen Kostümen das Gemetzel am Originalschauplatz nach. Damit die dabei eingesetzten Pferde nicht durchgehen, werden sie im Vorfeld langsam an Schüsse und anderen Lärm gewöhnt, wie mir mal ein Einheimischer erzählte.

Die alte Haus- und Hofkatze ist inzwischen blind und nahezu taub. Es rührt mich, sie, die ich noch herumspringend und kletternd vor mir sehe, nun äußerst vorsichtig tastend, stolpernd, sich stoßend zu erleben. Damit sie nicht noch einmal auf die Landstraße rennt oder irgendwo herunterstürzt, sind drinnen und draußen die größten Gefahrenstellen abgesichert. Das Herzzerreißende des Alterns.

Nach dem Mittag spazieren die Freundin und ich zur Ellerbäk, einem länglichen See, der durch eine Chaussee nebst einem vor kurzem angelegten Radweg zerschnitten und durch einen Kanal verbunden ist. Linkerhand zieht eine rasant düster werdende, über den Feldern am Horizont bereits abregnende riesige Regenwand heran. Kaum, dass wir den See erreicht und ich mich ausgezogen habe, bricht der Starkregen los. Meine Begleitung flüchtet sich in einen Hain, ich gehe, nachdem ich meine Kleidung unter einem Baum in Sicherheit gebracht habe, ins irre auftropfende Wasser. Herrlich! Justament als ich die Schwimmrunde beende, ziehen die restlichen Düsterwolken weiter, sodass ich mich unter immer leichterem Getröpfel abtrocknen kann. Der Thermosflaschentee wärmt schnell und gut.

Im Sonnenschein gehts die knapp 3 km zurück – unterwegs müssen noch ein toter Hase von der Fahrbahn geschoben sowie Pflanzen und Insekten betrachtet werden – das ja sowieso immer und überall.

Am Samstag sehe ich gleich nach dem Aufstehen zwei Rehe hinterm Haus junges Grün abknabbern. Unser Frühstück ist aber auch nicht schlecht, wenngleich etwas farbloser: Haferbrei mit Joghurt, Äpfeln und Nüssen. Gestärkt starten wir den Boliden und fahren, lautstark „Im Disco-Stadl regiert der Furchenadel und der Landmann schwingt sein strammes Waderl“ und andere Hits aus dem ländlichen Raum singend, auf einen Töpferhof in Techentin, wo eine Ausstellung mit vierzig meiner Bilder eröffnet wird. Die nach und nach eintreffenden Besucher sind mir allesamt unbekannt und ausgesprochen nett.

Wir bleiben drei Stunden dort, danach geht es, nach einem Picknick am Maisfeldrand, in meine einstmalige Heimatstadt Parchim, wo sich unser alter Kunstverein trifft. Einige der Weggefährten habe ich über dreißig Jahre nicht gesehen, da hat man sich ne Menge zu erzählen. Anschließend besuche ich meine Mutter, in deren Beisein ich einen Chatrobot beleidige – sie tippt schnell Versöhnliches. Dann bringen mich ein Stadler Regio-Shuttle der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH, ein Intercity-Express der Deutschen Bahn AG und eine Straßenbahn der Berliner Verkehrsgesellschaft vom Typ „Flexity“ nach hause.

