Christoph Sanders, Thalheim
Ich regiere angenehm über einen Raum voll trocknender Wäsche und freue mich, daß die Sonne nun doch durchkommt. Verhaltene Moves im Garten – auch denen gefällt dieses Verharren an der Null-Linie nicht. Weiter Neugier auf Kracht (könnte ein richtig gutes Buch sein) und weiter in der dichten Sprache von Toni Morrisons „Jazz“. Wichtig, Übersetzung und Original parallel zu halten. Übersetzer müssen sich beeilen und stehen in der Unseld-Welt ganz unten.
Den Sohn zum Zug gebracht. Wir reden über Powi, ein Pflichtfach, in dem brav alle Vorgaben und Handreichungen abgearbeitet werden, während in der Politwirklichkeit gerade die irrsten Tricks ablaufen. Unser Sohn ist Teil der ersten Generation, für die dieser Unterricht von Relevanz ist. Faktisch hatte sich hier im Westen ja 30 Jahre oder mehr null verändert – nun wird gewendet und getäuscht, dass sich die Balken biegen. Von Corona und den Eingriffen in die Biographien dieser Kids reden wir mal besser nicht.

An der Bahnbrücke über die Lahn einen großen schwarzen Vogel beobachtet – wahrscheinlich ein Prachttaucher. Hielt ihn vom Flug her zunächst für einen Kormoran, ist aber wohl keiner, die kenne ich. Muss mal mein kleines Fernglas einstecken. Ein Schwan beschwerte sich lautstark, so dass der „Taucher“ wieder wegflog. Neue Graffitis am Tonzug. Die jungen Ukrainer, die jetzt langsam erwachsen sind und bei Aldi mit ihren Freundinnen einkaufen. Aus der Nachbarschaft russische Pfannkuchen für die jungen Damen, die sich bestens verstehen. Auf der Sonnenwiese Aufbau eines kleinen Pferdestalls: das erste Mal in diesem Jahr draussen spielen. Sternanisblüte und Prunus im Lahntal. Die UV-Intensität ist gewaltig. Ultratransparente Farben. Die Weiden übernehmen. Es geht voran.

Lanz und Precht mit sehr guten Ausführungen zur Bürokratie. Im SWR ein interessanter Beitrag über die „Datenkolonie Europa“. Die Kampfgruppen des Guten mit ihrem Alarmismus um den möglichen neuen Agrarminister peinlich. Sie übersehen, dass BMEL-Vorsteher vor allem durch Unsichtbarkeit auffallen und klar die Leitplanken ihrer Behörde kennen. Beim Fressen hört die Moral eben auf. Ich biete da gern eine kleine Führung durch die Kauflandabteilungen an.
Sonne unten, eiskalter Ostwind. Bettwärts mit Toni Morrison und „Dichterliebe“ – Schumann braucht gute Rhythmik, Romantik wirkt bei präzisem Metrum und genauer Akzentuierung.
