Christoph Sanders, Thalheim

Strahlender Tag mit klasse Wolkenfetzen. Wir befinden uns am Rand einer Wetterlage, die hoffentlich den einen oder anderen Schauer bringen wird. Ich bin auf meiner Dienstagsroute: Pensionierte Pferde auf den Koppeln der Ju-Ranch, Wiesen, die ins hochsommerliche Gelb umschlagen. Über die halbe Stunde im Kauflandmarkt könnte ich eine kleine Abhandlung schreiben, wie sie sich vermutlich in tausenden Gemeinden abspielt: Ein Oma kauft für sich und ihren Enkel eines dieser billigen Trashessen, die man kalt ißt. Ein Mann im Arbeitsdress steigt müde aus seinem Panda und tauscht den Beutel Pfandflaschen gegen eine Pizza Capitale; er bekommt noch 8 Cent ausgezahlt. Absolut traurig das Herumschleichen der Geknechteten auf der Suche nach ihrem billigen Kick zum Monatsende – kein Wunder, dass Alkohol Volksdroge Nr. 1 ist. Frustrierend der geringe Anteil an halbwegs hochwertigen Produkten (Nonfood und Food). Ich nehme aus der Büchertelefonzelle das ZEIT-Kochbuch „Meine Lieblingsrezepte vom Wochenmarkt“ mit und lasse zehn LPs und ein paar CDs da. Danach pflücke ich im Garten ein paar Mikroerdbeeren.

Ein unspektakulärer Tag mit Wäsche und Küchenarbeit, dazwischen ein paar Tapeüberspielungen – der „Meuterei auf der Bounty“ folgt „Der Seewolf“. Es gab damals schon dolle Sachen. Stuckrad-Barre im Podcast bei Stefanie Giesinger mit einer sehr klugen, kompakten Line zum Thema Sucht, Sog, Selbstzerstörung: „Wer hat Dir so weh getan, dass Du Dir so weh tust?“ Gute Nebensätze wie: „Wenn Du schreibst, musst Du Dich von der Geschichte leiten lassen – nicht von der Wahrheit. Die Geschichte ist der Chef.“ Man erfindet, sobald man zusammenfaßt, ausschneidet. Wichtig der Perspektivwechsel, der es ihm ermöglicht, die Therapie als Sitcom zu begeifen, innerlich zurückzutreten, sich zu fragen: „Was ist das denn hier?“ Zu lernen. Er verklärt nichts, bereut aber auch nichts – oder nur ein bisschen.
