Christoph Sanders, Thalheim
Nach einem böigen, blauen Samtsag, am Sonntag eine hohe, leichte Wolkendecke und nahezu Windstille. Die Tour hat die Beschwerden nicht verstärkt, der Schmerz lässt insgesamt nach. Der Mais ist nun langsam auf der Zielgeraden – in ungefähr zwei Wochen wird das Winterfutter gehäckselt. Alles deutet auf ein sehr gutes Jahr hin.

Am Nachmittag endlich mal wieder ein gelungener Kindergeburstag – entspannte Eltern und Kids auf einer große Wiese in idyllischer Lage. Kein Zickenkrieg, kein Gruppen- oder Erwartungsdruck, null Unsicherheit. Das hast Du selten. Mein großes Mädchen war selig.

Am Abend haben die Frau und eine der Töchter einen Auftritt in der lichtlosen Limburger Kohlmeyer-Halle. Anlass ist der 130. Geburtstag der Marienschule, dargeboten wird Orffs „Carmina Burana“. Dafür wurde der Schüler- mit einem Erwachsenen-Laienchor gemischt, ein Orchester zusammengewürfelt und ein Profi-Tenor verpflichtet. Ich wollte selbstverständlich hin, wurde dann aber auf den Eintrittspreis hingewiesen: 120 Euro die Karte! Die „günstigen“ 50-Euro-Plätze lang schon ausverkauft. Ich verzichte – so viel würde ich nicht mal für die Berliner Symphoniker auf den Tisch legen. Freikarten gibts nicht. Normales Publikum wird dort kaum auftauchen – es geht ums Prestige mittelgroßer Provinzunternehmer, die sich so etwas leisten.

In der Nacht ein gleichmäßig rauschendes Regenband. Ich schneide die langen Gräser und anderes Grünzeug für die Hasen. Sie warten bereits am Gitter. 1. September, ein leichtes Grau und Friede. Unser Teenie in Le Mans heute mit ihrem ersten französischen Schultag. Es hat alles geklappt – Dank whatsapp ist man quasi in Echtzeit dabei.

Die Zeitschrift „agrarheute“ berichtet über den US-Importstopp von mexikanischen Rindern. Ursache ist der dortige Parasitenbefall mit der Neuwelt-Schraubenwurmfliege. Die Viehzüchter beziffern den Schaden seit November 2024 auf umgerechnet 733 Millionen Euro. Auch andere Länder reagierten: Im Juli 2025 hat Mexiko 73 Prozent weniger Kälber exportiert als im Juni. Solche Meldungen erklären, warum Rainer, Özdemir und Co. das Landwirtschaftsministerium so lautlos führen – das sind in der Regel eben internationale Märkte. Deine Stimmen musst Du Dir aber auf simpelste Weise lokal sichern.


Der Tagesverlauf mit schwül-feuchter Atlantikprägung. In Hausnähe tauchen vermehrt kleine Blaumeisen und Rotschwänze auf. Am Nachmittag zum nächsten Kindergeburtstag. Im Auto erzählt die Jüngste schwer beeindruckt von ihrer heutigen Deutschstunde, in der Borchert „Nachts schlafen die Ratten doch“ durchgenommen wurde. Farben als Symbole – das sei ja richtig anspruchsvoll. Sie sagt, dass sie Kurzgeschichten mag und googelt den Autor. Um 18 Uhr der Rossmann-Parkplatz wie leergefegt. Der vom Tedi auch. Die Apotheke daneben sendet über das Werbedisplay trotzdem ihre Botschaften. Bald sieht man darauf wieder Menschen in Pullovern, die nach einem Erkältungsmittel greifen. Ich hatte seit April keinen ernsthaften Infekt. Milder Herbstabend mit ultra-ödem Elternabend.
