Christoph Sanders, Thalheim
Ein weiterer Maientag aus dem Fotoalbum, leicht schwüle Strömung, das Wetter sich also ändern. Bis dahin ist die Wäsche aber trocken. Mittags portugiesische Süßkartoffeln mit Babylattspinat, deutsche Biokartoffeln dann erst wieder erst mit der nächsten Lieferung. Kurz den Berg hinauf, um nochmals den Blick schweifen zu lassen – das kann man nie genug machen! Die Graserträge der Mittelgebirge sind in diesem Jahr hervorragend; die Brotgetreide stabil unterm Niveau von 2024, Geflügel und Eier dito; das Nadelholz aus den Wäldern wird vermehrt nachgefragt; die Erdbeerernte bislang extraordinär. Was für ein Monat! Kann mal bitte einer diesen Mai loben?

Eine iberische Melone genossen, die reif wie im Sommer war. In der 6. Klasse meiner kleinen Tochter wurde der Nachteil von spanischen Bewässerungskulturen und migrantischer Saisonarbeit gegen den himmlischen Genuss einer reifen Melone für 2 Euro aufgewogen. Der Genuss hat selbstverständlich gewonnen. Es sind Übergangszeiten – mit all ihren Verwerfungen … Und es ist auch die zweite oder dritte Revolution des Internets. Das Glasfaserkabel ist nur noch wenige hundert Meter von unserem Dorfschild entfernt – es wird die alten Telekomleitungen und LTE-Masten in die Steinzeit rücken, aus den Rasenstücken der Vorgärten ragen hie und da bereits die orangenen Anschlüsse hervor. Bald wird die KI den Urlaub buchen und die Oma an eine Pfleger-App verweisen. Über die allgemeine Verflachung der Informationmach ich mir keinen Kopf – für die Normalbevölkerung der Kleinstädte, Dörfer, Weiler, Vorstädte war sie noch nie relevant. Da kommt es auf Müllabfuhrtermine an, auf die Öffnungszeiten der Ämter. Produzent ist man hier im Hinterland immer nur für seine Grundbedürfnisse: Haus, Anbauten, Garagen und Garten. Gemüse, eingemachtes Obst, gern auch Marmelade und Schnaps, Reparatur und Instandnsetzung der Motorgeräte, von der Heckenschere bis zum Traktor. Der Rest wird von Außen herangetragen und geliefert. Alles andere ist fremd, außerhalb des eigenen Wirkungskreises, da hält man sich eben raus, ist mißtrauisch.

Kaum ist der Salat gedresst, das Graubrot im Toaster und der Ravel ausgeklungen, ziehen Wolken auf, dazu Böen. Drei von vier meiner Kids sind wieder mit Halskratzen unterwegs. Die Immunsysteme werden wohl noch lange brauchen, bis sie wieder funktionieren.
