Frank Schott, Leipzig
Diese Woche: Schmerzen.
Seit Montag meldet sich die Verletzung an der Wirbelsäule wieder, die ich mir vor knapp drei Jahren bei einem Fahrradunfall zugezogen habe. Der Körper reagiert nach Vorschrift: die Rückenmuskukatur versteift sich, wird fest, verstärkt den Schmerz. Auf Medikamente verzichte ich, weil ich das Warnsignal bei einer falschen Bewegung nicht überhören möchte.
Auslöser waren Erschütterungen bei einem kleinen Aufwärmlauf mit den Jungs beim Training. Also jetzt erstmal keine Läufe. Stattdessen Spaziergänge. Für Erledigungen oder einfach fürs Wohlbefinden.

Ein Gang führt mich zum Weihnachtsmarkt, wo große Betonquader die Zufahrt blockieren. Weihnachtslego taufe ich die Szenerie für mich. Wegen der Schmerzen habe ich keine Lust auf Herzhaftes, Gebäck oder Glühwein. Im Leipziger Glühweinkampf werden keine Gefangenen gemacht: Die Händler auf dem Markt fordern 4,50 bis 5 Euro für die Tasse. Die Läden der Innenstadt kontern mit 2,50 Euro, teilweise gibt es dafür dann sogar einen Schuss. Für das adventliche Sonderangebot wurden Aushilfskräfte angeheuert – die sich am improvisierten Ausschank mit Leibesübungen warm halten.

Anderer Spaziergang: Herbstlicht auf letzten Herbstblättern. Warum verlieren manche Bäume ihr Laub so viel später als andere? Vielleicht lässt die Natur (wer will, mag sie Gott nennen) das Laub an den Bäumen, weil der Anblick das Gemüt erhellt? Muss alles einen Sinn haben, einem Zweck folgen? Survival of the fittest, struggle for life bis aufs Blut? Nein. Vermutlich gibt es einen wissenschaftlichen Grund – aber ich will ihn nicht wissen.

Da das mit dem Fahrrad seinerzeit ein Wegeunfall war, sitze ich wieder beim D-Arzt der Berufsgenossenschaft in der Uniklinik. Es ist nicht viel los, dennoch dauert es mehrere Viertelstunden, bis meine Nummer aufgerufen wird. Neben mir telefoniert eine Frau mit Gips am rechten Fuß lauthals mit einer Kollegin. Ihre beiden Krücken hat sie an die Wand gelehnt. Es geht um Schwangerschaft, Krankheiten, die Arbeit und die Übergabe von Aufgaben. Es nervt so stark, dass ich die Wartezimmerseite wechsle.
Die ausliegende Lokalzeitung, bei der Bericht und Kommentierung längst nicht mehr zu trennen sind, hat ihren Markenkern, das Lokale, konsequent heruntergefahren. Die Probleme der Straßenbahn, etwas Crime, der neue Investor mit seinen Plänen für den Freizeitpark, ein bisschen regionaler Sport. In fünzehn Minuten bin ich damit durch. Ich widme mich wieder dem Alten Testament, das ich auf dem e-Book dabeihabe. Gott instruiert wieder einmal Moses. Armer Mann -sein Kopf muss übervoll mit Geboten und Verboten gewesen sein.
Interessant, dass Gott auch auf die Klimadeuter, Zukunftsforscher und Modellierer Bezug nimmt: „Ihr sollt euch nicht wenden zu den Wahrsagern, und forscht nicht von den Zeichendeutern, daß ihr nicht an ihnen verunreinigt werdet; denn ich bin der Herr, euer Gott.“ Und weiter: „Wenn eine Seele sich zu den Wahrsagern und Zeichendeutern wenden wird, daß sie ihnen nachfolgt, so will ich mein Antlitz wider dieselbe Seele setzen und will sie aus ihrem Volk ausrotten.“ Das wäre mal ein spannender Ansatz für eine Diskussion mit Kirchenvertretern.
Nach der Röntgenuntersuchung bin ich so schlau wie zuvor. Der Schaden an der Wirbelsäule hat sich nicht vergrößert, Wärme und Physiotherapie sollen es richten. In zwei Wochen soll ich mich noch einmal vorstellen. Wenn es bis dahin nicht besser wurde, dann … Darüber reden wir in zwei Wochen.
