Christoph Sanders, Thalheim
Minus sechs Grad – ich liess den guten alten Diesel zehn Minuten vor Abfahrt an. Solche Motoren quittieren den panischen Gasfuß mit vorzeitigem Verschleiß – wir aber wollen die 500.000 Kilometer knacken. Den Trupp vollzählig in die Lernanstalt gebracht. Merke, dass die Politsituation so langsam persönlich belastend wird, weil ich in diesem ganzen Nebel eine Zukunft meiner Kinder erkennen möchte. Die brauchen nämlich eine.
Im Autoradio ein Häppchen Mozart – kurzer Satz aus einem der vielen Divertimenti, gespielt von einem Kleinorchester. Dargereicht im hessischen Kultursender. Das totale Tantenprogramm. Macht mich genauso wütend wie Krimiserien namens „Achtsam Morden.“
Sedativa überall.
Um den Mozartbrei loszuwerden, beim Überstreifen des Trikots die mittleren Symphonien in den absolut gelungenen Einspielungen mit Harnoncourt. Und vorher ein wenig Orangenmarmelade.

Ganz gemütlich auf den Hügelrist. Der Schäfer trainiert seine Hunde: mal linksaussen eingrenzen, mal rechtsaussen, danach gibt es Lob. Mit zwei Tieren bekommt man drei Fußballfelder voller Schafe unter Kontrolle. Schon eindrucksvoll. Weitere Untersuchungen der Gattung Phylloscopus. Das Licht bringt überall neue Farbtupfen zur Geltung.
Das 45 Jahre alte Hinterrad spult unerschütterlich Meter um Meter im kleinsten der sechs Gänge ab. Sauge gleichmäßig und tief die Bergluft ein. Wie lang wird das Hoch halten? Die Onlinewahrschauer melden Absatzbewegungen zum Balkan, während von Süd ein Biskaya-Tief anrückt. Im Westen und Südwesten soll es dann zu einem 10-Grad-Sprung kommen. Und hier wirds interessant: Der Westen – wo endet der eigentlich meteorologisch? Am Samstag wartet der 200-Kilometer-Brevet Gießen auf mich – Edersee und retour. Das ist definitiv nicht mehr der Westen, der endet knapp hinterm Rhein. Dann kommt die große Mitte. Der Südwesten geht bis zum Taunus, dem Riegel nördlich des Mains. Die Römer waren klug und setzten ihre Wachtürme zehn Kilometer Luftlinie hinter diese Landmarken. Ein Frühwarnsystem. So verhinderten sie dann zwei, drei Jahrhunderte die unangenehmen Überfälle der Germanen und konnten sich Mosel- und Rheinwein sichern.

Die nächste Wäscheorgie erledigt. Girls n Boys in der Pubertät. Und ein Hobbyradler. Kartoffeln entschalt, der Bioblattspinat vom Aldi kommt roh dazu. Butter, ein wenig Salbei, Schnittlauch … und dann Hähnchenbrust aus der Region, was ausnahmsweise wirklich zutrifft.
Alles unter Dach und Fach. Und neben den „Messias“ (Händel) setze ich „Die Schöpfung“ (Haydn).
