Helko Reschitzki, Moabit

Nach all den Starkregenschauern, in die ich in Mecklenburg geriet, geht es damit am Pfingstsonntagmorgen am Schlachtensee weiter – gerade als ich aus dem Wasser komme, wird es urplötzlich windig, übergangslos prasseln dicke Tropfen auf uns hernieder. Die Vögel fliegen und schwimmen in Unterschlüpfe, Menschen hasten unter Bäume. Irreale grau-schwarze Wolkengebilde, Donnergrollen, näher kommende Blitze, vom Südufer aus der Johanneskirche das Geläut der Vaterunser-Glocke – man könnte sich fast in einer Szene aus Staudtes „Leuchtfeuer“ oder Tony Richardsons „Mademoiselle“ wähnen, es fehlt wirklich nicht viel, dass gleich Jeanne Moreau aus dem Schilf tritt und dabei mit starrem Blick Enteneier zerdrückt …

Von alledem vollkommen unbeeindruckt schwimmt der Taucher von neulich heran und wirft irgendetwas in meine Bucht, bevor er wieder in der Tiefe verschwindet. (Ich zwinge mich dazu, nicht „Taucher + Gewitter + unter Wasser“ in die Suchmaschine zu tippen.) Am Tag darauf finde ich beim Reingehen muschelbefallene Gegenstände im flachen Wasser, die ich vorsichtig heraushole und am Ufer ablege.

An seinem elften oder zwölften Tag auf Erden muss am Montag auch das letzte der Haubentaucherjungen so langsam den schützenden Rücken der Eltern verlassen – alle Raufkletterversuche werden durch stoisches Im-Kreis-Drehen abgewehrt, nur ab und an gelingt es ihm noch für ein paar Minütchen, auf den gewohnten Platz zu gelangen. Durch kurzes Aufflattern wird er dann jedoch wieder ins Wasser abgeschüttelt. Die Küken wachsen jeden Tag, putzen sich bereits allein, ihr Fressen bekommen sie allerdings nach wie vor aus den Schnäbeln der Alten. Die achten darauf, dass alle gleichermaßen versorgt sind. Ist ein Fischlein zu groß für die hungrigen Hälse der Kleinen, schluckt ihn der fütternde Elternvogel. Noch tragen die Kleinen ihr Jugendgefieder mit den schwarz-weißen Längsstreifen im Gesicht – bis zum Ende des Sommers werden die verblasst sein.

