Christhoph Sanders, Thalheim
Tag der Musikschule im Gymnasium am Hang. Drumherum Büsche, Sträucher, Bäume. Überall beginnt die Hasel mit ihrer blassgrünen Blüte, es ist ihre Stunde. Die Farbpalette ungefähr das Gegenteil eines Discounter-Flugblatts oder Smartphonefilters.
Harte aber sonnige und frische Stunden auf dem Rad. Ab 13 Uhr über Null. Ausgiebige Energiezufuhr am Rewe-Salatmenu in der Marburger Straße in Gießen. Ich genoss es in Sichtweise der Kasse auf den Sesseln des Backshops. Bei vielen Sechserpacks Spaghetti auf dem Band oder so etwas wie drei Bierdosen, Würstchen, Kartoffelsalat und fünf Flachmänner – es ist der Erste des Monats.
Aus der Bücherverschenktelefonzelle das wirklich schön gebundene Buch „Gnade“ von Toni Morrison mitgenommen. Innen der Stempel der Stadt und der Schulmediothek Lollar/Staufenberg, Kurzecks Schulbücherei. 2. Auflage 2010. Vorfreude, trotz der kuriosen Übersetzung: aus „to soon“ wird „zu bald“. Hast du schon mal „zu bald“ den Tee abgegossen? Geschenkter Gaul!
Beim Musiktrödler außer einem Packen Opern keine Neuzugänge. Offenbar hat er die neun Klassik-CD-Kisten in einer ruhigen Stunde durchgesehen – es sind nur noch Billiglabels dabei, die seinerzeit mit Ostblock-Orchestern Beethoven-Kampfpreis-Editionen machten. Reger Betrieb, ich sah einige modische Sneaker an mir vorbeilaufen. Gut fürs Geschäft. Die Opern ließ ich stehen.
Mit untergehender Sonne heim, wunderliche Kräfte, die am Ende noch frei werden, der Tritt plötzlich elastisch und rund – so, wie die Mendelssohn-Quartette in meinem Kopf: Eine wendige, geistreiche Musik. Ein Salon vor der Revolution – das dramatische Potential ist erkannt, wird aber umschrieben und angedeutet, schon Beethoven übergeht die Stilfrage und Benimmregeln, Brahms erst recht.

