Christoph Sanders, Thalheim
Milde, milchige Luft, sehr angenehm, da seit Wochen der erste Tag ohne Frost. Alles wächst, Indianer würden es unter den Mokassins spüren. Morgens eine erste Singdrossel. Die Vögel ziehen, wann sie wollen. Heute wie gestern auffallend ruhig draußen dank Flugstreik – was sich auf meine Gehörnerven sehr positiv auswirkt. Wahnsinn, wenn man überlegt, dass es sich hierbei um eine 90%ige LUXUS-Industrie handelt, etwas, auf das wir in der überwiegenden Menge getrost bis Mitte der 90er verzichten konnten. Unter Radsportlern ist das Thema Ostern nach Mallorca ein äußerst sensibles – die all-inklusiv-Inselrunde mit vierzigtausend Mitfahrerinnen und Mitfahrern gehört ganz ganz fest zum rituellen Glücksprogramm vieler.

Weiter in Robert Graves‘ Buch: Caligula veranstaltet Festspiele, die acht Tage dauern. Auf den Tribünen lässt er für die sechzigtausend Zuschauer gratis Kuchen, Obst und anderes Essen verteilen. Bevor ein tausendjähriges Reich von Friede und Glück anbricht, möchte er, dass noch einmal das Blut bis an die Deckenbalken spritzt. Caligua ist sehr zorning und Freund ausufernder Gewalt. Er lässt Senatoren foltern, manchen auch hinrichten. So kommt es zur Verschwörung gegen ihn – nach der großen letzten Theateraufführung wird er in Stücke gehauen. Was dann Tumulte auslöst. Einem der Schauspieler gelingt es, die Massen zu beruhigen, vor allem aber die germanische Leibwache des Ermordeten. Dessen alter Onkel Claudius wird von den Verschwörern auf dem Studierzimmer aufgesucht. Vor Angst schlottert und stotternd, fleht dieser um sein Leben – dabei ist er als der neue Kaiser auserkoren und wird wenig später inthronisiert. Claudius hat einen Gehfehler – das französische „claudiquer“ weist bis heute auf sein Humpeln hin.

Ein komplett grauer und diesiger Tag mit Nieselregen, abends dann ein schwaches Sonnenschimmern. Jochums Siebente von Bruckner zu müde. Mahler weiter mit Tableaus. Mozarts C-Moll-Messe mit Gönnewein: Sehr gut! Champions League mit dem Sohn. Epische erste Halbzeit Liverpool – PSG. Die Stimmung im Stadion. Die Mimik des holländischen Trainers. Liverpool zu ungeschickt. Posaunen und wogende Streicher nach verlorenem Elfmeterschießen. Passt.
