Christoph Sanders, Thalheim
Der Dienstag beginnt bei frischen 10 Grad, im Tagesverlauf wird es mittelwarm. Im Hasengeläuf empfängt man dankbar die zarte Sonne. Die geht nun gegen 6:40 Uhr auf und kurz nach 20 Uhr unter – das Tageslicht schrumpft rapide. Im DLF Geseier über die Pläne zur Armutsvertiefung. Wie gehabt werden rassistische und klassistische Behauptungen aufgestellt und bewährte Kampfbegriffe wie „faul“ benutzt. Vom Begriffsgedudel zur Landwirtschaft: Im EU-Kernmarkt fallen aktuell die Getreidepreise unter die Produktionskosten; die russische Ernte setzt die „Schwarzmeerprodukte“ unter Druck; beim Mais wird gezittert, wann er geerntet werden muss oder soll – der Agrarmarkt ist wie ein riesiges Casino. Interessieren solche Dinge den Weichweizen kauenden Ofenfertig-Konsumenten? Oder hilft das in irgendeiner Weise dem hungernden Teil der Welt? Natürlich nicht.

Auf dem Asphalt formieren sich die Westerburger Motorrad-Girls. Ich döse im Garten und lese. Der hinterlistige Nabokov beschreibt die fiktive Heliotrop-Art heliotropus turgenevi, verbindet sie mit dem Geruch der gestrichenen Holzhäuser im Sonnenuntergangslicht des märchenhaften nordischen Königreichs Zembla. In unseren Rabatten ist die Pflanze also nicht zu finden – dafür turnen dort unermüdlich die Rotschwänze. Ich nasche von der Eberesche eine Vogelbeere: ein bitterer und säuerlicher Geschmack, der mich ein wenig an Sanddorn erinnert. Die Natur ist reich, wir Menschen sind die Armen.

Unser Sohn hat sich in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr sehr gut eingelebt. Die Hausmeister sind mehr als zufrieden mit ihm – sie nehmen ihn zwar hart ran, aber er macht alle Handlangerdienste und Schlepparbeiten gern. So spart er sich auch das Gym-Abo. In einer Betreuerin hat er eine Scrabbleparterin auf einer extrem hohen Stufe gefunden. Sie arbeitet nebenher noch zehn Stunden im Monat für die Dudenredaktion, da kommen dann halt Begriffe, die man noch nie gehört hat. Das wird ein gutes Jahr für ihn, auch menschlich.

Der Mittwoch warm, windig und bedeckt, dazu Sonneneinschübe. Perfektes Wetter zum Wäschetrocknen. Aktuell sind nur noch zwei Schulkinder im Haus – beide haben es rechtzeitig zum Unterricht geschafft. Mein neues Forschungsgebiet: Die Siebte von Sibelius. Bislang gefällt mir die Einspielung von Järvi am besten: getragen, schön, unkitschig. Weiteres aus der Parallelwelt der Planespotter-Codes: Was ist eine Pepsi Queen? „Pepsi“ steht für das Logo von Korean Air, „Queen of the Skies“ ist die Boeing 747. Rund um den Luftverkehr und die Organisation eines Flugfeldes existiert eine eigene Fachsprache. Besonders wichtig sind für die Spotter die Lackierungen der Flieger, Liveries genannt. Condors aktuelle Variante heißt Ringelsöckchen – wer das Design kennt, weiß warum.

Der Sohn nach seiner monatelangen Pause erstmals wieder beim Fußballtraining: leichter Muskelkater überall. Die Ballerina erzählt von Übungen mit einer interessanten Intensitätsskala: Dehnung und Geschwindigkeit als zwei Parameter von 1 bis 8 – ich finde dieses vorsichtige Herantasten gut. Bei mir selbst rund um die Schultern und Rippen weiterhin Schmerzmomente, die in Intervallen auftreten.

Am Abend mit dem Junior eine Tonne Grünschnitt gefüllt, das geht hier spielend. Dabei erregte ich kurz die Erdwespen – fünfzig Stück schwärmten aus, als ich in die Nähe des Nestes kam. Jetzt stehen die Tonnen in Reih und Glied – wir waren die Letzten in der Straße. Dann den wählerischen Hasen Abendfutter serviert, Stühle gekippt und Räder untergestellt – aus Südwest ist ein Regenstreifen in Sicht. Außerdem mit der Juniora Autogas getankt. Dafür muss man zu zweit sein – ein ulkiges Procedere. Sie hat sich sehr bewährt – die Tankanlage ist nicht in die Luft geflogen.
Das Neueste von der Shrinkflation-Front: Die Verbraucherzentrale Hamburg hat Mondelez Deutschland wegen der Mogelpackung der Milka-Tafeln verklagt. Der kühle Konter „Das Gewicht steht auf der Verpackung“ hat was für sich – nur lesen das die abgerichteten Gewohnheitstiere nicht. Man darf auf das Urteil gespannt sein.
Nachts schreien die Mader, sagt die Große, das klingt wie ein hohes Bellen.
