Frank Schott, Leipzig
Nach sechs Jahren extrem fordernden und emotional auslaugenden Engagements in einer Werbeagentur steht bei mir eine berufliche Veränderung an. So wie zuletzt ging es nicht mehr weiter … Die Familie hatte es bereits länger gewusst, mir wurde es klar, als ich mit der PC-Tastatur auf meinen Schreibtisch eindrosch, weil mich die schlampige Software der Deutschen Bahn zur Weißglut brachte.

Kaum lässt man Blut, kreisen die Geier. Noch sind es fünf Wochen bis zur Arbeitslosigkeit – aber die Arbeitsagentur bestand schon auf den ersten telefonischen Gesprächstermin. Eine Mitarbeiterin geht mit mir den Fragebogen durch: Ja, ich bin alt. Ja, ich bin qualifiziert. Ja, selbstverständlich arbeite ich Vollzeit. Und nein, mit Jobs in meiner Profession sieht es aktuell nicht gut aus. Ich verkneife mir all die sarkastischen Worte, die mir durch den Kopf gehen. Ich werde per Mail und Brief Post bekommen – der Brief enthält das erste Vermittlungsangebot, auf das ich mich bitte bewerben und ihr dieses umgehend mitteilen soll. Na holla die Waldfee! Ich will mir gar nicht ausmalen, was für einem Druck Bürgergeld-Empfänger ausgesetzt sind, wenn schon mir, als Noch-nicht-mal-Arbeitslosen, der heiße Atem des Amts so in den Nacken bläst.

Am Nachmittag joggte ich mir das Amtselend aus dem Kopf. Es war vergleichsweise frisch; ein tolles Licht am Wolkenhimmel; ich fühlte mich ausgeruht – was soll ich sagen: Es lief. An der Pferderennbahn ließen zwei Mädchen die Passanten über eine Bluetooth-Box an ihrem Lieblingmusik-Mix teilhaben. Unweit des Glashaues gab ein Dudelsackspieler schottische Weisen zum Besten. Auf der Sachsenbrücke versuchte sich ein Pärchen mit Keyboard (er) und Gesang (sie) an einer Jazz-Version von „What a wonderful world“.
Ende der Strecke war dieses Mal nicht das eigene Zuhause, sondern der Konsum, ein lokaler Genossenschafts-Supermarkt. Ich musste Bohnen für die Suppe besorgen, die zu kochen ich versprochen hatte. Es gibt momentan nur Frosterware – aber die ist genauso gut wie frische. Noch einen Blick auf den strahlend wolkigen Himmel, dann unter die Dusche und anschließend Kartoffeln, Knoblauch und Suppengemüse schnippeln, die Bohnen dazu und das Ganze mit Brühe und weißem Pfeffer fein abschmecken … sehr lecker! Es blieb sogar noch eine Portion fürs Büro übrig.
