Christoph Sanders, Thalheim
Hier alles grünbunt. Frühling mit Apfelblüte, Tulpen in Gartenpracht. Die Umstellung vom warmen Süden auf Regenschauer um die 10°C läuft aber noch. Vorräte erinnern an die Reise – man kann so eine dicke Wurst aus der Ardeche perfekt mit Zwiebeln in Weißwein und Sahne anbraten. Nach dem Essen Beisammensitzen mit der netten Austauschschülerin aus der Normandie, die drei Monate bei uns wohnt. Anschließend geht mein Kind aus der 10b für drei Monate ins Internat nach Le Mans. Gleich wieder aufs Rad, die Pyrenäen liefern zuverlässig einen Trainingsschub.

Bin wegen Fidus und der Provenienz-Ausstellung zu „Tempeltanz der Seele“ (Berlinischen Galerie, Kreuzberg) noch einmal in ein paar Texte getaucht. Michel Pastoureau weist in seiner Analyse der Farbe Gelb darauf hin, dass das Christentum seine großen Feste nah an die Sonnwendefeiern legte, damit dieses Terrain nicht den alten, heidnischen Ritualen überlassen bleibt. Im Mittelalter wurde Gelb meist positiv assoziiert (Licht, Gold, Heiligenschein), konnte aber auch negativ konnotiert sein (Neid und Krankheit: Gelbsucht!) Man verwendete es um Ausgrenzungen zu markieren, etwa bei Juden („Gelber Fleck“) und Prostituierten, die Schleier oder Hauben in der „Schandfarbe“ tragen mussten. (Man achte auf den Begriff Eugenik auf Fidus‘ gold-gelbem Plakat für den „Kongress für biologische Hygiene“ 1912 in Hamburg!) In der Zeit der Aufklärung verlor sich die symbolische Aufladung zunehmend, Gelb wurde zur „Nebenfarbe“. Beklommen sieht Pastoureau das Absinken der Lesekultur – eine große Chance, die vertan wurde. Nun kriechen wir langsam in das Mittelalter mit seinem Aberglauben und Okkultismus, den Ängsten, Nebengottheiten und Fakenews zurück.

In einem Secondhandladen in Pau (südwestliches Pyrenäenvorland) erstand ich ein fünf Jahre altes iPhone, die kleine, flache, handliche Ausführung. So bekomme ich wenigstens für eine Weile die Updates für die „Dienste“ der Digitalwelt garantiert. Leider muss man da mitschwimmen. Für mich war es nicht verkehrt, die zwei Wochen ohne Internet zu leben.

Gleich geht es im Lotossitz zu Bett, doch erst einmal etwas Musik.
