Christoph Sanders, Thalheim
Zündung des Diesels für Fahrdienste: Teenie plus Klappmatratze zur Klassenfahrt, Juniora zum Konzert, zwischendurch einen justierten Renner einladen. Volle Straßen. Morgen ist letzter Schultag, es sind Abreisen geplant, da sorgt der Hesse vor. Leichte und bewegte Luft. Die Blüten der Trompetenblumen schießen nur so aus den neuen Trieben. Und genau so ist für mich auch die Sonne schön! Später ein Gewitter in der Umgegend, bei uns aber nur wenig Niederschlag.

Mentale Vorbereitung auf die samstägliche 600-Kilometer-Tour um Odenwald, Rhein und Westerwald: Streckenstudium. Ich traf neulich den Veranstalter bei seiner Probefahrt und habe mich aufgrund der guten Wetterprognose noch im letzten Moment angemeldet. Mal sehen, wo ich unterwegs eine Bank zum Pennen finde, drei Stunden Schlaf sollten ausreichen, zumindest war es die letzten Male so.

Das kleine Sommervorspiel der Musikschule war wie immer fein – man kennt allmählich das Dutzend Mädchen und die paar Jungs. Besonders der Flötist, der bereits vor Jahren verblüffendes auf der Blockflöte zeigte, war im Duett mit dem Lehrer bei einer Hotteterre von Passacaglia in seinem Element. Ganz nebenbei brachte mir der Papiercontainer (!) der Schule ein Propyläenlexikon über Kunst und Architektur des 19. Jahrhunderts (die gewaltigen Aufgaben, die die Eisenbahn für Gebäude- und Städteplaner stellte!) Am Tonzug aus Italia ein neues Graffiti: Der Soldat, der sich die Hose herunterzieht.

Freitagmorgen. Zurück aus dem sonnendurchfluteten Garten. Neue Erdebeergewächse, die Türkentauben trotz Verlust des Eis weiterhin in ihrem Nest – zweiter Versuch. Man hört sie früh einander grüßen. Kettenwechsel am Langstreckenrad, Befüllung der Verschenkkiste mit Märchen-LPs (das Beste hab ich auf Tape gezogen). Sich klar sein, dass niemand niemand niemand mehr diese Platten auflegen wird, kein Kind mehr mit offenem Mund danebensitzt – irgendwie bitter. Es waren so gute Hörbuchproduktionen, so gut kondensierte Stoffe. Aber vermutlich haben unsere Großmütter und Eltern, die aus Büchern vorlasen, exakt das gleiche gedacht, als die Platten- und Kassettenserien von Benjamin Blümchen erschienen. Töröööööhh.

Dann gabs die typischen Aufgaben eines Vaters von Teenietöchtern, z.B. nach der Wäsche Aufspanndienste für Hotpants plus weitere Fahrdienste (nochmals Musikschule). Ansonsten musste ein verirrter Schmetterling befreit und das sehr gut geschriebene Meyrhoff-Buch zuende gelesen werden – fabelhaft, wie er die eigene kindliche Eindruckswelt auf dem Gelände einer norddeutschen Psychiatrie in den Achtzigern für uns nachvollziehbar macht. Letzte Justagen an Rad und Ausrüstung – es gilt, so wenig wie möglich mitzuführen.

