Christoph Sanders, Thalheim
Eiskalter, klarer Morgen. Minus 5 in der Talsohle, drei Krähen bilden eine symmetrische Triade auf dem Kirchturmkreuz. Der Präsident sitzt auf dem Hahn, der stur nach Osten zeigt. Die Sonne bläst den Reif von den Hausdächern. Die Hyazinthe errötet im schrägen Licht – sehr eigenartig die unterschiedlichen Gerüche, diese Variante in pink erinnert an Gewürznelke.

Am Spätnachmittag Sonnenuntergang bei -2°C. Abends hat unser Teenie nach Internetanleitung ein Bananenbrot gebacken – das iPad steht aufgeklappt und liefert Musik samt Rezept. Wichtig dabei die Filmchen, wo immer alles gelingt und man nur strahlende Gesichter sieht. Das Kochbuch hat völlig ausgedient. Ist ja auch ein ziemlich redundantes Produkt, die allermeisten sind die Wiederholung der Standardrezepte im neuen Gewand. Besonders erfolgreich die Blender aus UK – wo sich der gemeine Durchnittsverdiener nicht mal annähernd die Zutaten leisten kann. Wenn ich sehe, mit wieviel Theater eine stinknormale Regenbogenforelle zelebriert wird … Aber bitte. Musste an eine Radtour durch Böhmen denken, wo auf dem Marktplatz der kleinen Stadt ein Mann mit Kuchenblech vorbeilief und warmen Strudel verschenkte.

Bin gebannt von Toni Morrison, die in „Jazz“ auf so eigene und spezielle Art die Epoche des frühen Harlem-Jazz und der großen Bluesmusiker einfängt. Die Details, aus denen man sofort ein Bild entwerfen kann: Die Gardinen in Überlandzügen, welche beiseite gezogen werden, wenn die Grenze zu den Nordstaaten passiert ist. Die Wanderung in die Städte. Die Erleichterung, wenn die Fron der Feldarbeit hinter einem liegt. Wir sollten eigentlich dankbar sein, dass wir in einer Zeit und auf einem Kontinent voller Optionen leben.
