Christoph Sanders, Thalheim

Blauer Himmel, Wolkentupfer, frischer Hauch. Bei mir Schlaffheit, Räuspern, brennendes Halskratzen. Von den Kindern hängen aber nur noch zwei am schleimlösenden Salbei-Thymian-Ingwer-Tropf aus der großen weißen Porzellankanne. Der Thymian wächst hier in zwei Varianten: eine großblättrige grünere, die andere mit kleinen und eher krausen Blüten, an diesen erkennt man die Verwandschaft.
Die Kaninchen bekommen von mir dreierlei Grün: Schachtelhalm, Löwenzahn und Klee plus langes Gras und die schlaffen Salatblätter, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind.
Abziehen der Kurbelschrauben, ein Innnenlager tauschen, mit dem neuen nochmals den Berg rauf.

Der erste Schauer seit Wochen! Die Pferde springen wild auf ihrer Koppel umher. Die Girlies stallen die Hasen ein. Der Sohn bereitet sich mit ChatGPT auf die mündlichen Prüfungen vor, was erstaunlich gut funktioniert. Meine Frau lässt inzwischen ihre Standardbriefe und Stellungnahmen von der KI fremdverfassen.
Nachdem der Roma-Paprika-Putenbrust-Salat restlos vertilgt wurde, hüpfen Teile der Familie durch die Zimmer und schreien „Sau!“ über die Treppe. Manchmal wär ich gern wie mein hanseatischer Freund, der, nachdem penibel das Abendbrot vom Tisch geräumt und das Gläschen gefüllt ist, DIE ZEIT zur Hand nimmt, diese wie die Bibel liest und neue Gewissheiten daraus schöpft.
Im letzten Licht des Donnerstages noch eine Hausrunde. Die dritte Pfingstrose steht kurz vor der Entfaltung.

Am Freitag Alltagserledigungen und die Planung des Ritts ins kleine Tal am Fuß des Rothaargebirges am Samstag. Ich bin noch nicht zu 100% fit – es wird aber reichen. Der Halskatarrh der Kids verflüchtigt sich, was mit großer Schlappheit einhergeht. Der Tee zirkuliert nach wie vor in riesigen Mengen. Weiterhin frisch, dramatisch dunkle Wolken wechseln sich mit einem strahlendem Blau ab, die Blätter der Bäume wiegen sich im Wind.
Faszinierende Morgenmusik: „Quatuor pour la fin du Temps“, das Messiaens in einem Gefangenenlager der Wehrmacht komponierte. Am Abend auf Flightaware eine usbekische Cargogessellschaft entdeckt, die permanent zwischen Ben Gurion und Asien unterwegs ist. Man wundert sich immer wieder.

Bevor ich mich zur großen Tour aufmache, ist es eiskalt (3° Celsius). Die ersten Wolken zeigen sich, besser, ich bin vor der verkündeten Schauerwand wieder hier. Die Buchsbaumraupe hat das Angebot zur Waffenruhe möglicherweise angenommen. Direkte Verhandlungen werden am Montag fortgesetzt.
