Christoph Sanders, Thalheim
Guter, frischer Morgen. Ausgeruht! Bis auf ein leichtes Ziehen in der rechten Rückenpartie – da bekannt, piano. Demnächst wird der erste Solo-Dreihunderter angepeilt – die Fünf-Stauseen-Tour mit Anfahrt aller nördlichen Mittelgebirge von hier war immer meine liebste Herausforderung. Eine Reise durch ein verschlossenes Gebiet, wo der autoritäre Katholizismus bzw. Lutherismus die Grenze bildet -auch eine architektonische: irgendwann fällt der Schmuck weg. Ausgangspunkt Elberfeld (und die Bibel gleichen Namens), über das Siegerland und die Täler bis nach Dillenburg. Ein Territorium lose verbundener Freikirchen, mit teilweise okkulten Differenzen. Kein einig Land, nie gewesen.
Am Vormittag die ersten wilden Erdbeeren des Jahres genossen. Damit sich in der Nähe nicht so viele Fressfeinde niederlassen können, werde ich die Pflanzen kreisförmig einmähen.

Buchhandlungen sind Shitbürgerkathedralen – schönes Poschardt-Interview in der Berliner Zeitung. Wer muss sich da eigentlich von ihm angegriffen fühlen – es ist ja eher ein Weckruf, mal den eigenen Sollzustand und dessen Grundlagen zu hinterfragen. Er beschreibt pointiert den typischen bundesrepublikanischen Mikroklassenkampf, der sich über Tennisplätze definierte, was bis in die 5000-Seelen-Stadt hinab ja wirklich der Fall war. Und heute findet man nicht mal mehr die Leute, die die rote Asche abziehen wollen und nimmt dann gleich den Kunststoffbelag.
Mit unserer Jüngsten in einem DDR-Standardbuch über Fliegerei geblättert. Bis auf die kuriosen Ausführungen zur angeblichen sozialistischen Überlegenheit ein gutes, sachliches Buch. Wir untersuchen den US-Höhenaufklärer YF12, das Verhältnis von Luftdichte zu Widerstand, warum auch normale Passagierflugzeuge so hoch fliegen. Die Lockheed erreichte 1960 über 3000km/h und verbrauchte 30.000 l in der Stunde – das sind schlappe 300 l auf 100 km – so kann man das am Küchentisch überschlagen. Bereits 1970 sind die Grundlagen unseres Flugwesens vollendet, danach wurde und wird verfeinert, so werden wir in naher Zukunft zum Beispiel Lackierungen in sogenannter Haifischhaut („Riblet-Folie“) sehen, das reduziert den Luftwiderstand nochmals.
Im Tagesverlauf mild – nach dem gestrigen Regen blühen wie irre die Rosen auf.
