Maria Leonhard, Spornitz

Auf meiner Fensterbank steht ein Hibiskus. Vor ungefähr fünfzehn Jahren habe ich ihn selbst gezogen. Mit seinen wunderhübschen Blüten hat er mir ein ums andere Mal Freude bereitet. Zuletzt hatte er lange nicht mehr geblüht, doch vor vier Tagen war es dann so weit. Immer wieder zog es mich ans Fenster, um seine kurzlebige Schönheit zu genießen, einfach weil ich weiß, dass nun auch schon der Abschied naht. Hibiskusblüten öffnen sich meist nur für einen einzigen Tag – ein kurzes, intensives Aufleuchten, das mir in seiner Flüchtigkeit besonders kostbar ist. Selbst in dem Wissen, dass sich irgendwann ein neuer, zarter Knospenansatz zeigen wird.

Ein endgültiger Abschied ist etwas anderes, und für mich nur schwer auszuhalten. In dieser Woche war ich auf einer Beerdigung. Das halbe Dorf fand sich am Dienstag in unserer kleinen Backsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert ein. In ihrem Turm hängen drei Glocken; die älteste ist über 500 Jahre alt. Die 1876 eingebaute Orgel stammt von Friedrich Albert Daniel Mehmel. Von 2020 bis 2022 wurde die Kirche grundlegend saniert, 2023 folgte dann die Orgel. All das war nur möglich, weil sich der dörfliche Förderverein mit Leib und Seele dieser Herzensangelegenheit verschrieben hat, Stiftungen Spenden sammelten und viele Menschen ihre Lebenszeit und Arbeitskraft einbrachten. So etwas schweißt eine Gemeinde zusammen.

Und nun verlässt einer diese Gemeinschaft. Ein Mensch, den jeder im Dorf kannte. Der anderen half, der tröstete und Freude schenkte. Der immer da war, wo es Not tat. Die Witwe wird von den starken Armen ihrer Söhne gestützt. Die Jagdhornbläser verabschieden den Kameraden mit den Signalen „Jagd vorbei“ und einem letzten „Halali“.
Mach’s gut, lieber Freund!
