Christoph Sanders, Thalheim
Freitag vor dem Einschlafen Kurzeck gelesen – hypnotisch … Am Morgen darauf wundere ich mich, warum ich auf der Landstraße keine Fahrzeuggirlanden sehe. Es ist ja Samstag! Von der weiter entfernten Bundesstraße dringen aber wie gewohnt gedämpft Rollgeräusche herüber. Schwüle Gesamtwetterlage, die Kinder im Ferienmodus. Bevor die Wespenflut einsetzt, lesen wir die restlichen Äpfel von der Wiese. Dabei werden auch gleich die abgefallenen Äste entfernt, dann geht noch kurz der Mäher drüber. Letzte Arbeit am Wolfsburg-Text. Ich muss dabei unbedingt diesen inzwischen üblichen Katastrophenton vermeiden – der generiert zwar Klicks, ist aber ansonsten zu rein gar nichts zu gebrauchen. (Eine reelle Katastrophe ist, dass wir Reichen es nicht einmal schaffen, unsere Lebensmittelabfälle zu den Hungernden zu bringen – wo doch sonst jedes Schräubchen zielsicher den Globus umrundet.) Bevor es auf den Feldberg geht, teste ich meine neue Kamera; Fertigungsjahr 2014 – das waren die letzten, bevor das Smartphone übernahm.

Gelungene, aber sehr warme Feldbergrunde. Die Erntefahrzeuge auf Hochtouren – der Wind bläst das Korn trocken, da muss es ruckzuck gehen; an der Mühle stehen die vollen Anhänger Schlange. Auf der Strecke, besonders am Samstag, eine extrem hohe Rennraddichte – der sportliche Teil des Rhein-Main-Ballungsraums fährt dort seine Maschinen aus. Der Großteil der Geräte ist unter drei Jahre alt; auch die Trikotmode wechselt immer wieder mal. (Ich bin heute im weißen Négligé unterwegs.) Am Hang geben sich gebieterische Kradfahrer ebenfalls ein Stelldichein, präsentieren in Reih und Glied, was sie haben. Dann kommt der Sonntagsferrari und dreht die Ehrenrunde.

15 Kilometer vor dem Ziel der große Moment an der Brombeerhecke: Durch die unterschiedlichen Reifestadien variiert der Geschmack. Eine der Beeren ist so perfekt, dass mir wohlige Schauer durch das durchgeschwitzte Dress laufen. Nach Nummer 28 ist aber Schluss. (Eine Brombeer-Käsetorte – in Schichten! – mit meringuiertem Baiser obendrauf, dazu Darjeeling, das wärs …) Gegen den aufkommenden Nordwind beißend, fahre ich das letzte Stück nach hause. Durst!!!!!!

Sonntag um 5:45 wegen der Planeten-Konjunktion kurz hoch – trotz klaren Himmels ist nichts zu sehen. 8:30 Uhr Frühstück. Obwohl der Schachtelhalm zur Neige geht, werden die Hasen satt – es ist noch reichlich Löwenzahn vorhanden. Nordströmung mit einer unglaublich angenehmen Sonne, fast wie an der Ostsee. 9:30 Uhr steigen die ersten Sportflugzeuge auf. Am langsamen Motor erkennt man den Fallschirmspringertransporter. Der muss nun seine Passagiere punktgenau loswerden, was sich über den Tag ein dutzend Mal wiederholen wird. Von der Tour habe ich mich bestens erholt – kein Muskelschmerz, keine Müdigkeit, die Lunge ist frei. Dank meiner Tiefenatmung wurde jede Kapillare optimal mit Sauerstoff versorgt.

Als ich die Zwölfjährige von der Freundin abhole, neben der Straße stapelweise Quaderballen aus Stroh. Die kubische Form spart Platz – und doch haben sich die Rundballen durchgesetzt. Vermutlich, weil die Pressen günstiger, robuster und schneller arbeiten. Von einem Tag auf den anderen sieht man überall Stoppelfelder – teilweise fährt sofort die Egge darüber, danach folgt die Kalkung. Neue Kette an ein altes Rad, die Schaltungen mit Rostlösern und Feinöl besprühen. Wenn wieder alles gängig ist, ist eine neuerliche Laufleistung von bis zu 10.000 Kilometern möglich. Maschinen leiden durch Stillstand. Den Familienausflug ins Schwimmbad lasse ich zugunsten eines Ruhetags sausen. Auch in den schönsten Schwimmbädern fühle ich mich nie wohl. An Wildbadestellen eher – trotzdem bin ich kein Wassertier. (Ich kann aber schwimmen!) Ein schöner Sommertag.
