Maria Leonhard, Spornitz

Meine total zugestellte Fensterbank ist Sammelpunkt für Pflanzen, die zum jeweiligen Zeitpunkt nicht soviel Pflege brauchen, weil sie in der Ruhephase sind, wie zum Beispiel Orchideen oder Ableger von Teepflanzen, die ich später eventuell weitergeben möchte, oder abgebrochene Zweiglein oder Stengel, die vielleicht Wurzeln treiben und wieder in die Erde gesetzt werden können.

Heute habe ich alle Töpfchen und Vasen durchgesehen. Eine Schmetterlingsorchidee, deren Blüten an tropische Nachtfalter erinnern, hat es geschafft, von mir völlig unbemerkt einen Trieb auszubilden. Wie lange hatte ich keine Zeit mehr für diese Pflanze, denke ich. Und wofür verwende ich eigentlich meine täglichen 24 Stunden Lebenszeit? (Krass, diese Frage mal zu stellen.)
Ich stelle das Pflänzchen in eine Nährlösung. Später wird es einen Platz auf der Fensterbank bekommen. Dort kann ich in den nächsten vier Wochen das Aufblühen beobachten und mich täglich an seiner Pracht erfreuen. Ein Blütentrieb lässt mich innehalten und intensiv Freude verspüren – wie schön!

Beim Weiterdurchsehen entdecke ich noch etwas Kleines, Grünes, das die Freude auf ein Weiterleben der Yucca in mir weckt. Vor circa fünfzehn Jahren sollte sie, viel zu groß geworden, nicht in das neue Hortgebäude mitgenommen werden. Mir tat das leid! Wenigstens einen Teil wollte ich retten. Kurzerhand schnitt ich einen Trieb ab. Zu Hause teilte ich ihn in mehrere Stücke und stellte diese dann in eine dunkle Vase. Tatsächlich bildeten die Abschnitte Wurzeln, und die Yucca wuchs erneut in die Höhe. Aus dem längsten Trieb wollte ich neues Leben erwecken. Auch das hat funktioniert.

Dieses „Erwecken“ und die Freude daran sind mir einen Teil meiner Lebenszeit wert! Und ich kann diese Freude weitergeben, indem ich ab und an ein Töpfchen oder einen Blumenstrauß verschenke.
