Christoph Sanders, Thalheim

Nach Nebelauflösung ein strahlender Samstagmorgen. Vom Ausflug gestern wirkt noch das verschlafene Pritzwalk nach. Eine einsame Flaniermeile und viele hartnäckig gepflasterte Straßenabschnitte – für Radfahrer eher unbequem, dazu kommt das laute Rollen der Autos. Wenn man die Feldgrößen betrachtet, scheint der Boden in der Gegend sehr fruchtbar zu sein. Derzeit werden die abgeernteten Flächen vorbereitet. Dazu bringt man eine Art Trockenklärschlamm aus, der anschließend maschinell verteilt wird. Die Sorten auf dem Maisversuchsfeld, an dem ich vorbeifahre, tragen männlich-toxische Namen wie Big Boss, Hulk oder Joker. Mais braucht viel Wasser.

Unser erster Urlaubstag ohne jeden Schauer – da werden sofort die Federballschläger ausgepackt! Während wir spielen, kommt ein Pferd auf den Hof und macht sich genüsslich über den Klee her. Die Mädchen sind stolz, weil es sich von ihnen führen lässt, und lehnen ihre Köpfe an das große Tier. Sommerferien. Von ihren Rädern aus schauen die Kinder in die Weite der Elbauen und genießen die Stille in den scheinbar menschenleeren Dörfern. Ein Gefühl, als sei die Zeit stehen geblieben. Die Freunde aus dem Westerwald kommen, um ihre Tochter abzuholen, die eine Woche lang bei uns war.

So leer die Dörfer, so voll der Abschluss der Kammermusiktage in Nitzow. Vor der kleinen Kirche stehen Fahrräder in Reih und Glied. Es gibt handgestrichene Brote, Wildbratwurst und kalte Getränke. Eine heitere, gelöste Stimmung. Die sieben Nachwuchskünstler stammen aus Frankreich, Südkorea, Deutschland, Spanien, Irland und China. Beim „Streichtrio“ von Jean Françaix sitzen sich die koreanische Violinistin und die chinesische Cellistin gegenüber. Lediglich über Blickkontakt stimmen sie ihre Einsätze ab. Überhaupt fällt auf, wie physisch Spiel und Zusammenspiel ist: ein deutliches Einatmen, das Anheben der Oberkörper, die synchrone Spannung der Bögen. Wirklich alle Stücke werden hervorragend dargeboten – darunter auch einige hors catégorie, etwa Leoš Janáčeks „Kreutzer-Quartett“. Ich muss an die ebenso jungen Radsportler denken, die sich am Nachmittag über vier Pyrenäenpässe kämpften: Intensität und Konzentration, das Geschick in den Abfahrten, der Reigen der Führungswechsel, die Spurts Lenker an Lenker … Die belgische Hoffnung musste im ersten Drittel aufgeben; der neue Stern Florian Lipowitz strahlt nun auf dem dritten Platz des Gesamtklassements – willkommen in der Weltklasse des Sports. Das Konzert begann um 18 Uhr und endete um 21 Uhr. Nach einer Fahrt durch die Kiefernwälder trudeln wir im Sonnenuntergangslicht selig in unserem Quartier ein.

