Christoph Sanders, Thalheim
Am Samstag bereits kurz nach 6:00 Flocken und Nüsse. Befüllung der Salbei-Grüntee-Flasche. Um 7:00 Start der 210-Kilometer-Tour nach Ulrichstein via Gießen und zurück. Gegen 9:00 bei schwüler Hitze zweites Frühstück in Gießen. Dort ein räudiger, aber sehr voller Flohmarkt, bei dem es kaum Tische gibt; die Leute wühlen in Kisten, die auf dem Boden stehen. Deutschland schwimmt in Nippes und Hausrat. Für den Freund im Vogelsberg, den ich besuchen werde, finde ich einen schönen Ferrari GTO – aber leider nirgends Audio-Leerkassetten für mich (später vermacht mir der Hausherr seinen Restbestand). Weine stehen in der prallen Sonne – schnell weiter!

Vor der Pfarrkuratie St. Thomas Morus eine Ansammlung koptischer Christen. Die Frauen mit weißen Schleiern, die Männer mit goldenen Kruzifixen um den Hals. Nach dem Gottesdienst geht es zurück in die alte Ami-Kaserne, die seit den Neunzigern ein Auffanglager ist.

Entlang der ganzen Strecke ist großer Heutag: Spezialmaschinen mit gewaltigen Anhängern, einige noch mit diesen Klötzchenpressen, die ihre Quader malerisch aufs Feld spucken. Ab Mittag 30 Grad, der Ostwind tut gut. Bei km 130 Stärkung im Edeka Grünberg, bei km 170 Halt an der Karlsquelle Löhnberg. Auf dem vorletzten Kilometer ein überraschendes Treffen: Der Veranstalter des Langstrecken-Brevets Gießen – Wetterau – Odenwald – Rheintal – Westerwald Anfang Juli fährt seine Veranstaltung vor. Eigentlich müsste er im Ablaufplan bleiben – Zeit für ein kleines, gemeinsames Eis ist trotzdem.

Sonntagmorgenstille. Durch die Fenster strömt kühle Luft herein. Lindenduft legt sich übers ganze Land. Schwarze Johannisbeeren aus der Champagnerschale. „Drei Schwestern“ von Tschechow – was für ein Großer! Heute wird in den Salons mindestens ebensoviel Blech geredet, nur schreibts keiner so süffisant unterhaltsam auf.
Schwüler Tagesumbruch. Gewitterstimmung. Bin gar nicht erst nach draußen. Erbsen, Möhren, Kartoffeln, Bio-Pute, Schulgarten-Pesto. Regeneration. Milder Pai Mu Tan, Beeren und Crêpes. Die BBC weiß, dass die US-Spezialbombe 60 Meter durch das Erdeich drang, bevor sie detonierte. U21-EM-Viertelfinale: Deutschland – Italien 3:2 n.V., wie mir gerade das Radio mitteilt. War nach der 1. Hälfte leider viel zu müde, habe also fast alles verpasst. Nun noch zwei Spiele …
