Frank Schott, Leipzig
Hier in Leipzig stehen momentan die Wochenenden im Zeichen von Festivitäten. Über Himmelfahrt und die vier darauf folgenden Tage trafen sich rund 800.000 Menschen zum Turnfest. Die meisten schliefen in Schulen, vor denen mobile Duschen aufgebaut waren.
Das traditionelle Wave-Gotik-Treffen zu Pfingsten zieht rund 30.000 Besucher an, was für explodierende Preise in den Hotels sorgt. Ein Fest fürs Auge, weil sich viele Teilnehmer ein ganzes Jahr lang Gedanken über das Outfit machen und teilweise selbst zu Nadel, Faden und Schere greifen.
Gleichzeitig pendeln weitere 100.000 Menschen zum dreitägigen Stadtfest. Am Wochenende darauf folgen die Freunde klassischer Musik mit dem Bachfest.

Das Wetter ist durchwachsen, es gibt immer wieder kurze Schauer. Dass es vergleichsweise viel geregnet hat, merke ich beim Laufen. Die Waldwege sind feucht, teilweise schlammig. Die Schuhe saugen schmatzend die schwere Erde an. Auch meine Beine sind schwer, weshalb es nur eine kleine und langsame Runde wird. Wichtig ist mir ein letzter Blick auf die üppig bewachsene Wiese, wo die Gräser inzwischen mehr als einen halben Meter hoch stehen.
Vermutlich auch mit Blick auf die beliebten Picknicks zum Wave-Gothik-Treffen sind in den vergangenen Tagen viele Grünflächen geschoren worden. Aber meine Wiese zeigt sich noch in voller Blüte. Das freut mich.

Jetzt sitze ich im Zug. Verunsicherte und frustrierte Menschen suchen für ausgefallene oder verspätete Züge nach Alternativen. Hier bleiben? Aussteigen? Die App sagt, der Zug kommt jetzt doch. Mama, was machen wir? Wenn wir aussteigen und auf unseren Zug warten, ist dieser weg. Aber unser Zug fährt durch. Wenn er denn kommt. Mama, noch sieben Minuten! Also? Aussteigen, Mama. Aber schnell, dieser Zug fährt gleich.
Mir gegenüber ein Pärchen, das nach München will. Deren Zug war plötzlich aus der App verschwunden. Wegen „unvorhergesehener Ereignisse“, sagt die Frau. Interessant, sage ich. Früher waren es „Störungen im Betriebsablauf“. Die Frau spekuliert, ob die Bahn Hacker beschäftigt, die Züge mal einfach so verschwinden lassen.
