Christoph Sanders, Thalheim

Bin im Garten Erdbeeren naschen und nicht ansprechbar. Der Regen ist nun mehrheitlich durch. Feuchte Erde, schwülwarme Luft, ruhige sattmilde Wetterlage, die Luft riecht grandios. Wunderbar blüht das Geißblatt; eine Blüte, deren Duft sich nicht extrahieren lässt, sondern nur nachkomponiert werden kann. Die Woche beginnt routinemäßig mit dem Trappeln der Sneaker auf dem Weg zum Bus. Der Sohn bereitet sich, Quellen suchend, auf die mündliche Deutschprüfung vor, dazwischen zockt er mit den Kumpeln Ballerspiele oder erledigt etwas im Garten – zum Beispiel ein wenig Motorsensenarbeit. Da war aber das Gras zu feucht, bei vierzig Zentimeter Höhe kapituliert die Maschine. Später bringt meine Frau ein Olivenbäumchen vorbei.

Gute Radrunde, voll regeneriert, viel besser als beispielsweise am 1. Mai, was vermutlich an dem klitzekleinen Infekt lag oder am Ozon. Unterwegs ein kurzer Halt beim Landwirt, der inzwischen nur noch an seinen Traktoren bastelt oder den Gemüsegarten bestellt. Wir sprechen über Weizen, Gerste, anderes Getreide: Weil der April viel zu trocken war, wird mit einer zweiten Runde Nitrat nachgeholfen. Unterbleibt das, wächst der Brotweizen nur unzureichend, so dass der mit den Abnehmern vereinbarte Proteingehalt nicht erreicht wird. Die Mühlen wollen mindestens elf Prozent Protein, ansonsten gibt es Abzüge (d.h. Vertragsstrafen). Hochproteinmehl quillt besser auf – die Brötchen werden dicker. Freiwillig macht diese Nitratdüngungen keiner, da das Zeug viel kostet. Über die Grundwasserbelastung schweigt man. Die momentane Regenwelle ist für Halmfrüchte nicht optimal, für den Garten des Bauern jedoch großartig! Er hat soviel Salat, dass er ihn an den Hund verfüttern muss. „Dann geben Sie ihn doch mir!“ Er drückt mir sein Pflanzmesser in die Hand. Seine Söhne wollen den Hof nicht, also hat er alles verpachtet. Ich schneide.

Dienstagmorgen mit leichten, stellenweise fadenförmigen Nebeln, die sich über die Felder legen. Dünne Streifen, die von der Sonne verpustet werden. Nach dem Morgenappell noch eine Prise Schlaf. Mit dem Sohn über die Zeitenwende in der taktischen Kriegsführung geredet – wir haben inzwischen einen Krieg autonomer Maschinen gegen autonome Maschinen. Die ganzen klassischen Ideen werden vom Konzept „Drohne“ lang schon über den Haufen geworfen; die Bodentruppen dienen nur noch als menschliche Mauern und sind ersetzbar. Nach der Militärtaktik gings weiter mit Gartenstrategie: Rosenpflege, ein Zweitaktgemisch herstellen. Das Heldenrad vom Freitag abwischen: Pollen und Straßenstaub. Der Trainingseffekt einer großen Tour ist jedesmal verblüffend, weil kaum mehr der Schweiß ausbricht, wenn es dann wieder hier den Berg rauf geht.
