Christoph Sanders, Thalheim

Der Mittwoch unter deutlichem Atlantikzeichen. Gegen 10 wechseln sich blauer Himmel und Wolkengebirge ab – Ende der Regenphase. Ich nehme die Motorsäge, um aus dem Rückschnitt Ofenholz zu machen. Hassan, der Tunesier, wohnt etwas weiter unten im Tal und handelt mit Gebrauchtwaren. Neulich führte er mir das fachgerechte Anwerfen an einer schönen Stihl MS 211 vor. Jetzt hab ich den Trick raus – mir war mein Gerät im ganzen Frühjahr nicht ein einziges Mal angesprungen. Hassans Dachsolarkollektoren liefern Strom für acht Stunden, das reicht für den Verkaufstag. Wenn es regnet, kurbelt er das Vordach raus, dann bleibt die Ware trocken. Er schläft in einem italienischen Laika-Wohnmobil, das innen mit Holz vertäfelt ist, die Sitze sind aus cremefarbenem Leder.
Gegen Mittag zieht ein Gewitter vorbei: dramatische Wettermauern aus dunkelstem Schiefer. Danach immer neue Ballungen und Wände in allen Schattierungen von Grau. Weiße Wolken sind langweilig. Gerste, Roggen und Weizen stehen bombig am Halm, sie haben in zwei Tagen sicher 10 cm zugelegt. Die Ernte wird genau jetzt, in diesen Tagen, entschieden. Blaugrün schimmernde Horizonte, die Wildrosen als blasse Sterne am Wegrand.

Christi Himmelfahrt ist Ruhetag. Mit der Zwölfjährigen nach einer kleinen Billardpartie schätzungsweise vierhundert Socken sortiert und dabei eine alte „Wildtöter“-Kassette gehört. Rothäute und Skalpjäger, Kopfgeld von der Regierung, Menschenverschleppung und Geiselnahme. US-Alltag vor der großen Republik. Könnte man heute null veröffentlichen, egal wie differenziert die coopersche Darstellung auch ist. Stattdessen werden Feenpüppchen erfunden, die ungefährlichste Erlebnisse haben – über die sie sich aber sehr aufregen. Feen in die Verschenkzelle, „Wildtöter“ und „Moby Dick“ behalten, Lindgrens reifere Werke ebenso (also nicht Pippi L.)
Zwei Großwäschen. Nebenbei durch einem Auktionskatalog der Berliner Galerie Bassenge geklickt. Lauter mir unbekannte Namen, vieles gut, manches sehr gut. Drucke, Zeichnungen, Grafiken. Nur ein Warhol erreicht Immobilienpreise – die Schere ist so immens, dass es nichts mit der Qualität zu tun haben kann. Hauptsache also: machen. Was draus wird, weiß kein Mensch.
Mild windig, Wolken harmlos, der Regen fällt traditionell auf den Höhen und wird bis morgen weitergezogen sein. Dann ist der große Törn; das Wenige, was zu tun ist, ist getan. Ruhe und Ernährung. Salat und Joghurt nach der Bolognese. Gleichzeitig gespannt und entspannt – ich bin die Strecke schon dreimal gefahren. Um 7 muss ich auf dem Rad sitzen, dann schaff ichs vor der Finsternis zurück.
