Christoph Sanders, Thalheim
Am Samstag 180 Kilometer übers Rothaargebirge und Gladenbacher Bergland, Zwischenhalt in Gießen. Unter immer dichter werdenden Wolkenbänken fahre ich acht Stunden dem Regen davon, auf den letzten 10 Kilometern fängt er mich ein. Ein reicher Tag in der tiefen, bunten Mitte Deutschlands mit einer wundervollen Vegetation und viel, viel Merkwürdigem. Zum Beispiel einem bizarren Frauentrio vor dem Herkules-E-Center in Haigar – keine Ahnung, ob sowas unter Folklore läuft oder nicht. Obwohl man hier nie reich war, ernüchtert mich der Zustand der kleinen Dörfer und Städte im Lahn-Dill-Kreis.

Bei „Music Attack“ in Gießen ein älterer Typ mit fettiger Zopffrisur, der sich lautstark und redundant mit dem Verkäufer unterhält, man merkt, dass die Festplatte nicht mehr intakt ist. Der Verkäufer bleibt geduldig und antwortet teilweise im Lokalidiom. Abgang arme Sau, während ich am Boden die CD-Körbe mit der unbearbeiteten bzw. untinteressanten Ware durchforste. Die Karajan-Aufnahme von „Tod und Verklärung“ (inklusive kleinem Wasserschaden) rausgefischt. Das Sneaker-Publikum kommt herein, ich versuche, nicht im Weg zu hocken. Der Verkäufer geht kurz raus, eine rauchen. Hermann Prey, hmm. Ich könnte Opern kaufen, intakt, sauber, Verdi. Bin aber weder Fan noch Kenner. Eine späte Schubert-Schumann-Einspielung von Harnoncourt fällt mir in die Hände. Interessant, aber zerkratzt. Ich reiche sie mit Fragezeichen über den Tresen – man überlässt sie mir für 50 Cent. Zuhause kann ich sie problemlos abspielen.

Am Sonntag Regeneration – 180 Kilometer sind schon ein Batzen, aber ein guter. Trotzdem wollen einige harte Anstiege verarbeitet werden. Blick auf den feuchten Garten, es regnet seit zehn Stunden leicht und beständig. Die ersten wilden Erdbeeren sind reif. Tauben liefern sich von den Dächern her ein Wettrufen.
Bei verhangenem Himmel und Mikrosprühregen das 1:0 des FC Dorndorf II gegen FSG Bad Camberg-Dombach gesehen. Verdienter Sieg, der hätte höher ausfallen müssen. Auf Dombacher Seite ein Jamaikaner mit souveräner Leistung, im Dorndorfer Tor ein 120-kg-Routinier, der aus dem Winterschlaf geholt wurde und den Kasten durch großartiges Stellungsspiel sauber hält. Am Spielfeldrand mit dem Sohn Hefeweizen genossen. Die Besucherparkplätze voll.
