Christoph Sanders, Thalheim

Ein Grauer und milder Morgen. In der Nachbarschaft suchen sich die Amseln jeweils den höchsten verfügbaren Wipfel, um gegeneinander anzusingen. Für uns ist es dann ein Chor. Weitere Regeneration und Gartenpflege. Nach Wochen verblühen jetzt die Tulpen, wobei die Färbung der Blüten immer dichter wird. Das Haus liegt in tiefer Ruhe.

Das Haus seit dreißig Minuten in Bewegung. Kleine Einkäufe mit dem jüngsten Kind. Mit diesem Monat die ersten reellen Preisrückgänge: Nudeln, Müsli, teilweise auch Milch. Wie zuletzt wieder Löwenzahn genascht. Bärlauch hingegen ist nicht so meine Sache – lieber mit Knoblauchzehe anbraten. Die Sonne kommt durch. Samstagslaune.

Am Spätnachmittag wär ich dann fast von der Sonne in die Traufe gekommen: Ein viertelstündiger Guss mit fernem Grollen. Angesichts der schwarzen Wetterwand drehe ich aber vorsichtshalber bei und sichere den Bereich um unser Haus. Zehn Minuten nachdem alles unter Dach und Fach ist, geht der Zauber auch bei uns los: Heftiger Wolkenbruch, die Temperatur fällt um 12 Grad, Böen peischen die Bäume … Genau zu der Zeit ist der Sohn unterwegs! Später berichtet er, dass sein Auto so heftig aus der Spur geschoben wurde, dass er sich lieber in Sicherheit brachte und auf einen Rastplatz fuhr.

Wie richtig es war, gestern umzukehren, sehe ich dann heute: Drei Kilometer nördlich von uns haben die Orkanböen auf einem Korridor von etwa fünfhundert Metern Bäume aus der Erde gerupft und quer über die Wege gelegt. Auffällig, wie schmal die Schneise ist: Davor und danach nur Astbruch, in der Todeszone gefallene dreißigjährige Eichen oder Buchen – selbst mitten im Wald, wo sie einfach in der Mitte auseinandergebrochen sind. Da einige Siedlungen komplett von der Außenwelt abgeschnitten wären, machen sich zupackende Gartenbauer mit mächtigen Traktoren an die Arbeit und räumen alles beiseite. Man stelle sich vor, wie in Hannover oder Göttingen auf die Genemigung eines Sonderauftrags gewartet werden müsste …

Der Sonntag sehr kühl, leicht windig und durchgehend bewölkt. Mein Körper fährt thermisch langsam wieder hoch – ich fühle mich nach der Tour am 1. Mai endlich regeneriert. Ob es am Ozon lag?
