Helko Reschitzki, Moabit

Hab kurz in der Spandauer Altstadt zu tun. Anschließend geh ich am Havelufer bis zum Südhafen, dem zweitgrößten der einundzwanzig Binnenhäfen Berlins. Erbaut 1906 bis 1911. Gesamtfläche 17 Hektar. Schienenanschluss an den Güterbahnhof Ruhleben. Frachtumschlag p.a. ca. 500.000 Tonnen, hauptsächlich Papierprodukte, chemische Erzeugnisse, Erze, Zuschlagstoffe für Beton. Neben der Dischinger Brücke liegt „Das jüdische Kulturschiff MS Goldberg“. Davor sitzen zwei Halbstarke und trinken nicht-koscheres Bier. An den Kiessilos und einem alten Container der United Arab Shipping Company zieht ein Vierer mit Steuerfrau vorbei. Im Burgwallgraben schwimmt eine Stockente. Mauersegler drehen ihre Himmelsrunden. Fast nur junge Menschen unterwegs, dabei gibts hier viele Seniorenresidenzen -Immobile in Immobilien, immerhin in schöner Umgebung. Ich erfreue mich am Vogelsang und dem Zungenblütengelb des Löwenzahns. Blauer Himmel bei 17 Grad Celsius, schattenkühl und sonnenwarm.

Aus dem OXFAM-Laden nehme ich Kai Donnes Expeditionsbericht „Bei den Samojeden in Sibirien“ von 1911 mit, aus dem Plattenladen in der Klosterstraße, in dem ich zuletzt und ein einziges Mal vor ca. 25 Jahren war, die vier 1958er Alben von John Coltrane mit Wilbur Harden – zeitloser, nicht zu verbessender Klang: Rudy Van Gelder saß am Pult. Um den Bahnhof herum saufen sich viele Hertha-Fans prophylaktisch das Spiel gegen Magdeburg schön, mittendrin sammelt ein Schlachtenbummler des 1. FCM Pfandflaschen. Bizarr.

Abends Beginn der 2. Staffel meiner Serie: Die verbliebenen der 100 jugendlichen Straftäter, die in Staffel 1 von ihrem Raumschiff auf die nuklear verseuchte Erde geschickt wurden, sind nach einer etwas unübersichtlichen Schlacht gegen die „Grounders“ nun aus ihrem Koma erwacht und finden sich auf einer urplötzlich auftauchenden Quarantänestation wieder. Dort sind alle äußerst freundlich zu ihnen. Sie werden untersucht, geduscht, eingekleidet und mit Schokolade verwöhnt, die sie bislang nicht kannten. Aber die Hauptheldin lässt sich davon nicht wie ihre Kameraden einlullen – sie ist nicht umsonst Leader of the pack. Die giftpfeilsieche Nebenheldin wird von einem der Grounders zu einer Statue in seinem zig Kilometer entfernten Heimatdorf geschleppt, wo er sich, um sie zu retten, auf die Suche nach Ameisen machen will, die einen bestimmten roten Tang fressen und dadurch das Antidot in sich tragen – es bleibt spannend!!! (Das mit den Gegengiftameisen check ich mal auf einen Realitätsbezug.)
