Frank Schott, Leipzig

Am letzten Wochenende fiel das Laufen aus – neben Knieproblemen bahnte sich eine Erkältung an. Dann Gewissheit: Laut Ärztin ist es die Grippe. Bis auf meine Frau hustet und kränkelt die ganze Familie.
Nach zwei Tagen und Nächten mit Schüttelfrost und viel Schlaf musste ich mich am Dienstag einfach mal bewegen. Eine kleine Runde. Ich bin geschlurft wie ein alter Mann. Das Positive daran: Ich sehe Dinge, die ich vorher nie bewusst wahrgenommen habe. Zum Beispiel, dass alle neu gepflanzten Bäume in der Karl-Liebknecht-Straße gesponsert sind, zu erkennen an kleinen Eichenstelen mit Widmungsplaketten, u.a. waren Familien, Ehepartner oder Politiker die Geldgeber. Die Aktion heißt „Baumstarke Stadt“ und wird vom Amt für Stadtgrün und Gewässer organisiert. Ab einer Spende von 250 Euro kann man Pate werden und erhält im Gegenzug besagte Stele mit dem Schildchen, auf das ein individueller Text graviert wird. Angepflanzt werden Platanen, Stieleichen sowie sogenannte Stadtlinden.
Nun frage ich mich: Wäre die Straße ohne neuen Baumbestand geblieben, wenn sich niemand erbarmt und gespendet hätte?
Baumpflanzungen in der Innenstadt sind in Leipzig ein politisch stark aufgeladenes Thema. Seit einigen Jahren müssen in immer mehr Nebenstraßen Parkflächen Bauminseln weichen. Was das Stadtklima verbessern soll, führt andererseits dazu, dass die Autofahrer wie im alten Grönemeyer-Song herumkurven und nach einem Parkplatz suchen. Die Folge ist, dass an Kreuzungen bis an den Rand der Einmündungen geparkt wird, was es für Fußgänger zu einem Hindernislauf macht und anderen Verkehrsteilnehmern die Sicht versperrt.

In der eingangs erwähnten Straße ist die Stadt einen anderen Weg gegangen: Für die ca. zwei mal zwei Meter großen Pflanzinseln wurde nicht Parkraum umgewidmet, sondern der Bürgersteig verkleinert. Da die anliegenden Gastronomen auf den Umsatz aus ihren Freisitzen angewiesen sind, wird es teilweise sehr eng für Familien mit Kinderwagen oder Menschen, die ihr Fahrrad schieben. Momentan fällt das nicht so auf, weil die Freiluftsaison noch nicht begonnen hat.
Dann gibt es noch verwahrloste Grundstücke, die im Laufe der Zeit zugewachsen sind, unter anderem mit inzwischen 20 oder 30 Jahre alten Bäumen. Aufgrund von Petitionen können die nicht entfernt werden, so dass die Fläche brach liegt und weiterhin Wohnraum fehlt. Glaubt man Medienberichten, kommen die Unterschriften zum Großteil von Ortsfremden. Auch das hochemotionale Themen.

Nach der Runde (nicht einmal 1000 Meter) war ich so fertig, dass mir die Muskeln in den Oberschenkeln zitterten. Danach habe ich wieder ein paar Tage flachgelegen.
