Christoph Sanders, Thalheim
Kurz nach 11 Uhr auf dem Rad den Berg hinauf, Besorgungen für die hungrige Mittagsbande machen. Auf einer Nebenstraße beobachte ich Rückbezüge, die abgeschälte Buchenstämme in holländisch-belgische Sattelschlepper mit Containerauflieger verladen. Drei Stunden später sind die Stämme im Hafen von Antwerpen, von dort geht es in die große weite Welt. Für mich heute nur die kurze Runde, morgen steht ein 200-km-Ausflug zum Hoherodskopf an, das ist der Gipfel des Vogelsbergmassivs, nordöstlich von Frankfurt. Windig und grau bei böigem Ostwind. Die Weiden bilden erste Kätzchen.

Toni Morrison zuende gelesen, war gepackt. Wunderbar, wie die Naturwahrnehmung der indigenen Kinder beschrieben wird, als sie dem Herrn und der Herrin beibringen, Feldfrüchte zu bestellen. Immer wieder Kräutermixturen, mit denen Geister aus dem Leib vertrieben werden, magische Kiesel unter Kopfkissen, Gebete und Beschwörungen. Wenn man so will, begegnen sich Morrison und unser „Kohlrabi-Apostel“ Diefenbach am Ende bei den indianisch/afrikanischen Wald- und Tiergeistern, den alten Naturreligionen. Wie gut von Morrison die Innensichten der Figuren vermittelt werden, die grausame, elementare Welt, von der wir keinerlei Vorstellung mehr haben. Wir nehmen alles als gegeben hin – drücke ich auf einen Knopf, geht das Licht an, das Wasser kommt heiß aus der Leitung.
Zwischendurch weiter im Oktett von Mendelssohn – ein großartiges Stück, so viel Verve! Beim mehrfachen Durchhören fällt auf, wie gut das komponiert ist. Nur brauchst du für die Aufführung dann auch Menschen, die das ein Leben lang trainieren und praktizieren. Also Übung – und eine Zivilisation, die das möglich macht
Nun noch die Ausrüstung für morgen sortieren, letzte Anweisungen an die Kindschaft. Vor dem Einschlafen die nächste Perle aus der Büchertelefonzelle: „Mord am großen Fluss“ – Peter Scholl-Latours Afrika-Reportagen von 1959-85.
