Frank Schott, Leipzig
Ein guter Tag zum Laufen. Etwa 3 Grad und trocken. Ich entschied mich, nicht von zuhause aus loszujoggen, sondern mit dem Fahrrad bis zum Auwald zu fahren. Unterwegs ein kleiner Austausch mit einem Rennradfahrer. Etwa mein Alter. Der schaute mich und mein Rad (volle Straßenausrüstung mit Licht, Schutzblech, Gepäckträger) verwundert an: „Du hast wohl einen Motor?“ – Ich grinste: „Nö, nur ein normales Gravel-Bike. Die sind heute ziemlich schnell.“ Er nickte. Da ich wie er Sportkleidung trug, fragte er weiter: „Wo geht’s hin?“ – „Nur bis zum Wald, ich will joggen. Und Du?“ – „Eine drei Stunden Tour.“ – „Klingt spannend, eine Seentour?“, fragte ich. – „Wahrscheinlich … aber … wo ist eigentlich mein Partner?“ Er blickte zurück und fuhr langsamer, damit sein Partner aufschließen konnte.
Ich wusste nicht genau, wie lange ich laufen würde. Aber ich fühlte mich gut. Los ging’s über den Probsteisteg zum Schleußiger Weg und rechts vom Elsterflutbett in Richtung Süden. Neben mir waren Kanuten und Drachenbootfahrer auf dem Wasser unterwegs. Fünf Wasservögel, ich vermute, es waren Gänse, zogen in Keilformation über mich hinweg. Dann über den Elsterarm und das momentan wasserlose Hochflutbett der Elster zurück in den Auwald. Auf der Weißen Brücke über den Floßgraben standen ein Vater und sein etwa zehnjähriger Sohn und angelten.
Ich musste kurz überlegen: Sollte ich über den Waldweg Neue Linie zurück zum Ausgangspunkt und vielleicht eine zweite Runde laufen? Ach, was soll’s. Ich lief weiter durch den Wald zum Equipagenweg. Da könnte ich gleich mal prüfen, ob die Straßenbauarbeiten, die mich beim Radfahren so genervt hatten, abgeschlossen waren. Ah, noch nicht ganz, aber die Straße kann man bereits benutzen.
Wenn ich schon mal hier bin, dachte ich mir, da könnte ich noch kurz zum Cospudener See, einem der vielen Bergbaufolgeseen im Süden von Leipzig. An der Weißen Lauer vorbei lief ich über Wege, die um das Jahr 2000 im Rahmen des Expo-Außenpostens Leipzig errichtet worden waren, zum Nordstrand. Dieser fast menschenleer. Ich muss an Hölderlin denken: „Die Mauern stehen sprachlos und kalt. Im Winde klirren die Fahnen.“ Es waren natürlich Wanderer, Jogger und Radfahrer unterwegs, aber kein Vergleich zu dem Gewimmel, wenn die Badesaison beginnt. Geschwommen wurde dennoch, insgesamt vier Eisbader sah ich, bereits fertig, die hüpften auf und ab und hüllten sich in warme Decken.

Das motivierte mich. Wolltest Du nicht sowieso schauen, ob Du 15 Kilometer schaffst … Dann kannst Du jetzt auch noch am Zörbigker Hafen vorbeischauen. An den Ferienwohnungen herrschte Betrieb, nahezu jeder Parkplatz war besetzt. Im Hafen selbst schaukelten deutlich mehr Boote, als ich erwartet hätte. Offenbar lassen viele Besitzer ihre Segel- und Motorboote den Winter über im Wasser.
Okay, Hafen gesehen, Haken dran. Es wird Zeit für den Rückweg. Ich lief jetzt direkt am Wasser, wo Haubentaucher Pünktchen auf der glatten Oberfläche bildeten. Wie Mohnkörner auf einem Brötchen. „Hallo“, grüßten mich da zwei Fahrradfahrer von hinten. Ach, sieh an! Der Radfahrer von vorhin überholte mich, nun war auch sein Partner dabei. „Viel Spaß noch“, grüßte ich zurück.
Am Waldrestaurant „Brot und Kees“ vorbei machte ich mich durch den Kees‘schen Park auf den Rückweg. Der Park war Ende des 19. Jahrhunderts vom Markkleeberger Industriellen Erich Walter Jakob Kees umgestaltet worden und gehört seit dem Jahr 2000 einem privaten Investor.
Den Equipagenweg entlang lief ich zurück in den Wald. Zwischen Wildschwein- und Wisentgehege machte ich noch einen Abstecher in den Wildpark, wo vieles abgeriegelt war – Sperrung wegen der Reparatur einer Wasserleitung. Immerhin sah ich Wildschweinrotten. Die Kleinen waren schon keine Frischlinge mehr, aber auch noch nicht voll ausgewachsen. Sie trotteten ihren jeweiligen Müttern hinterher oder durchwühlten mit den Schnauzen den schlammigen Boden.
Noch eine letzte Brücke über die Pleiße, vorbei am Gelände der Sportgemeinschaft Leipziger Verkehrsbetriebe, wo ich mit den Jungs so manches epische Fußballspiel ausgetragen hatte. Dann durch ein Waldstück, das in vier Wochen voller Bärlauch sein wird, ein letzter Kraftakt mit schmerzenden Oberschenkeln und … fertig.
Jetzt war ich neugierig, was der Streckentracker sagte: 1:26:49 h gelaufen. 16,4 km bzw. 16,42 km je nach App waren es am Ende. Ein Durchschnitt von 11,3 km/h – nicht schlecht für einen Mann Anfang 50, der erst vor etwa sechs Jahren mit Beginn des Trainerjobs mit dem Laufen angefangen hatte.

