Maria Leonhard, Spornitz

Die Tage fließen dahin und bald ist schon wieder Weihnachten. Ich bin froh, dass das schöne Wetter in Mecklenburg bereits vierzehn Tage anhält und die Sonne mein Gemüt erhellt. Der letzte Pfirsich ist verarbeitet – jetzt geht es unter anderem mit der Kartoffelernte weiter. Laut Mondkalender ist dafür die Zeit vom 1. bis 5. Oktober günstig, dann wieder vom 10. bis 12. Oktober. Es hat sich bewährt, Gartenarbeiten an den entsprechenden Tagen durchzuführen. Beim Racken verletzte Kartoffeln bilden beispielsweise in den für sie günstigen Phasen eine Schutzschicht gegen Fäulnis – so halten sie sich länger und verdeben beim Lagern nicht den Rest der Ernte.

Die ersten Kartoffeln konnten wir bereits am 11. August aus der Erde holen. Ich bin dankbar für die kleinen Erträge und gleichzeitig froh, dass wir damit nicht bis zur Ernte im nächsten Jahr auskommen müssen – bei Bedarf können wir einfach zum nächsten Markt fahren. Aus den Erzählungen meiner 1900 geborenen Oma weiß ich noch von ganz anderen Zeiten. Sie hatte ein richtiges Kartoffelfeld und einen großen Garten. Beides kenne ich aus meiner Kindheit. Davon musste sie ihre sechzehn (!) Kinder ernähren. Alle halfen mit und die Älteste wurde zur Ersatzmutter für die Jüngsten. Sie hielten zusammen, auch mit den anderen Familien im Dorf. Besonders in den Kriegsjahren war es hart. Da gab es kein Ausschlafen bis in die Puppen oder Wellnes-Wochenenden! Da hieß es arbeiten, um zu überleben. Ihren Ältesten nahm ihr der Krieg, der Zweite verunfallte tragisch im Gymnasium. Schlimm, wenn die Kinder vor den Eltern gehen, hat sie zu mir auf der Beerdigung meines Bruders gesagt.

In meiner Küche surrt zum zweiten Mal der Dörrautomat. Durch das tägliche Äpfelaufsammeln verhindere ich zwar, dass die Wespen angelockt werden, gleichzeitg türmt sich der noch zu verarbeitende Berg. Die gedörrten Apfelstückchen schmecken sehr gut – und das Beste daran ist, dass sie 100% bio sind. Wenn wir sie nicht schon vorher aufnaschen, halten sich erstaunlich lange in abgedichteten Gefäßen – gerade habe ich den letzten, tatsächlich noch gefundenen Vorrat von 2023 freigegeben. Wichtig ist natürlich, dass das Obst sauber verarbeitet worden ist. Beim Aufsammeln lasse ich immer zwei oder drei Äpfel und Birnen für das Amselpärchen liegen. Es versteckt sich während meiner Arbeit in der Hecke – das Rascheln der Blätter verrät sie aber.

Weiter geht es mit dem Abschneiden des Salbeis, der für gesunden Tee getrocknet wird. Danach müssen die alten Erdbeerpflanzen entfernt werden, die sich unter der Johannisbeere vermehrt haben. Dabei finde ich noch zwei reife Erdbeeren – ein kleiner Dank für die Mühen. Der Busch ist so groß geworden, dass sich die Erdbeeren darunter nur schwer ernten ließen. Man ist ja keine zwanzig mehr!

Unser Hund will mithelfen und buddelt wie wild. Keine echte Hilfe. Ich bugsiere ihn aus dem Garten. Er versteht nicht, warum. Jetzt ist keine Zeit zum Spielen. Die Sonne will Feierabend machen und ich möchte fertig werden. Noch fix alle Geräte einsammeln, ein paar Himbeeren naschen und eine letzte Freude beim Blick auf die Dahlien. Dann ist auch für mich Feierabend.

