Silke Galla, Prenzlauer Berg
Ein verregneter Tag im Barnim: Ich fahre mit Kuchen im Gepäck nach Lüdersdorf-Parsteinsee, um spontan ein paar Freunde zu besuchen.
Keiner da. Weiter nach Stolzenhagen zu den Eseln.
Auch hier auf der Koppel ist niemand zu sehen. Also gehe ich ohne Esel spazieren. In der Nähe gibt es Pflaumenbäume. Die Esel lieben sie und sind nicht mehr zu halten, wenn sie welche am Boden erspähen.
Zunächst finde ich herrlich gelbe Mirabellen, pflücke ein paar und stecke sie gleich in den Mund. Obst direkt von der Quelle ist einfach das Beste. Weiter geht’s. Und tatsächlich, schon stehen da die ersten vollbeladenen Pflaumenbäume. Manche sind an den unteren Ästen bereits abgeerntet. Ich finde jedoch noch welche, die hinten herunterhängen und durch Bücken und Kriechen zu erreichen sind. Auch diese Pflaumen, jedenfalls die ohne Bewohner, werden von mir umgehend verspeist.
Holunderbeeren, die gut gegen Erkältung sind, werden in der Tasche der Regenjacke verstaut. Ich laufe weiter und schaue auf einer anderen Koppel nach den Eseln. Keiner da. Dafür der nächste voll bepackte Apfelbaum. Ein Ast ist abgebrochen. Ganz viele Äpfel liegen am Boden. Ich nehme einige und stecke sie in die andere Jackenasche.
Ich erinnere mich an einen Zeitungsartikel über den Chef-Killer von Pablo Escobar, der zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war. Nach zwanzig Jahren im Gefängnis fragte ihn eine Journalistin, was er am meisten vermisse. Er antwortete: Einen Apfel vom Baum pflücken und hineinbeißen.
Auf dem Rückweg fahre ich zu den Freunden. Immer noch keiner da.
Zurück in Oderberg koche ich mir Kaffee und esse zwei Stück Kuchen. Apfel und Pflaume!

Nächster Tag: Oderberg. Auf zum Pimpinellenberg!
Ich laufe erst an der Wriezener Alten Oder entlang. Der Schwan ist wieder da. Enten ruhen sich am Ufer aus. Wie komme ich jetzt an ihnen vorbei, ohne sie aufzuscheuchen? Zunächst mache ich ein Foto, da ich gestern schon wieder keins vom Spaziergang ohne Esel gemacht habe. Doch Obstbäume dürften ohnehin bekannt sein.
Ein paar Kanufahrer paddeln vorbei.

Weiter geht es über den Friedhof in Richtung Lindenbaum. Auf dem Weg steht ein voller Apfelbaum. Wieder muss ich an den Chef-Killer von Escobar denken. Später habe ich recherchiert: Er ist nach 23 Jahren aus der Haft entlassen worden, hat Schauspielunterricht genommen, spielte in Netflix-Serien mit und postete wöchentlich YouTube-Videos. Wegen seiner starken Unterarme wurde er Popeye genannt. Anfang 2020 starb er an Magenkrebs.
Rauf auf den Berg! Es ist ein bisschen anstrengend, so ähnlich wie der Weg im Wuppertaler Zoo rauf zur Löwenhöhle.

Oben angekommen, setze ich mich hin, trinke einen Schluck Wasser und esse einen Apfel. Selbst geerntet.
Auf einem Schild steht geschrieben, dass die Pimpinellenwurzel die Bewohner von Oderberg von der Pest befreite. Weiter ist zu lesen, dass hier mal ein 25 Meter hoher Turm stand, es den aber aufgrund der geschichtlichen Wirren des 20. Jahrhunderts nicht mehr gibt.

Mücken greifen an. Also geht es weiter, hinein in den Wald, an den Eiszeitsteinen vorbei.
Wieder sehe ich Pflaumenbäume. Die meisten Früchte sind leider zu hoch, aber ein paar ergattere ich dennoch. Als ich mich auf einer Bank ausruhe, esse ich sie.
Was braucht man mehr?
