Schauriges Wetter, muss gut über meine Montur nachdenken. Mit geflicktem Schlauch und neu aufgezogenen Reifen aufs Rad – die Winterstiefel sind vom Samstagsritt getrocknet. Sehe auf dem Feld eine Gruppe Elstern. Rabenvögel sind Aasfresser, nur widerwillig lassen sie vom Rehkadaver.
Man beharkt sich jetzt mit kleinen Tritten in die Wespennester der geschmeidigen NGO-Querfinanzierungen. Interessant das untere Ende jener Grauzonen leistungsloser Meinungsapparate: Sie tun nichts mehr ohne Entgeld, die bloße gesellschaftliche Anerkennung reicht ihnen nicht. Was aus deren Sicht ökonomisch vollkommen nachvollziehbar und in dieser semikapitalistischen Welt auch absolut normal ist, aber im Grunde genommen krankt daran dann alles, da so jeder Gesellschaft die Basis fehlt.
Wieder im Mahler unterwegs: Das ist wie das Abschreiten einer Promenade voller Bilder, die sehr gut gemalt sind. Mir fehlt hier einfach die Kunst. Das Können ist da, aber auf den Effekt hin gearbeitet. Man ist NULL überrascht, kann fast schon die nächsten drei Takte vorhersagen … Danach Grieg und Sibelius als Erfrischung: Gefühle werden in Musik gefasst, nicht ausgestellt.
Überarbeite Texte. Ärgere mich über die Formschwankungen darin. Wenn du abends Morrison liest und dann morgens Dein schlechtes Handwerk betrachten musst …
MERKUR GESICHTET. 18h40 ziemlich genau West, eine Handbreit über dem Horizont. Ganz schwaches Funkeln. Winzig im Vergleich zur fußballgroßen, maximal sichtbaren Venus, die ein Stück höher (so 40 Grad über Null) süwestlich strahlt. Nun abwarten, ob sich noch eine Lücke auftut, bevor die echten Sterne aufs Tapet kommen.
Ab 19h14 der Himmel bewölkt – das wars dann für heute. Aber selbst bei optimaler Sicht wird der sensationelle Merkur nur ein mit Mühe zu erkennender Punkt am Firmament bleiben.
Wenn so eine Himmelskörpersichtung in den Nachrichten kommt, fällt mir immer wieder auf, wie unpräzise die Lagebeschreibungen sind: keine Karten, keine Koordinaten. Jedenfalls nicht in den Standardmedien. Man soll halt über irgendwas reden.
Susanne Kasperowski, Gadebusch
Außenkamera Garten, 22:14:46, 24-02-2025
Christoph Sanders, Thalheim
Völlig vernebelt, mit Tendenz zur Aufhellung. Amseln singen schon vor Morgengrauen los, sie haben einen inneren Wecker. Dem Teenie gehts besser. Übelkeit auch durch die Tabletten besiegt – darum 12 Stunden Schlaf. Hauptsache, Mineralien und Wasser bleiben drin. Thymian/Salbei/Ingwer-Tee. Der Vater als Pfleger. Dinkelzwieback von Rossmann schmeckt mir sehr. Der Vater als Vorkoster. Mir selbst gegen 3 Uhr leicht flau, was sich nicht steigerte. Frau und Sohn nur leicht betroffen – keine Atempause, Schule wird gemacht. Wie schön dass man so etwas wie frische Mandarine und Grapefruit an jeder Ecke bekommmt, genau wie Weizenkleie oder Reisflocken für die Schonkost. Wenn der Nebel sich etwas lichtet, noch kurz hinauf für Besorgungen.
Alles in Mahlers Erster ist total überzeichnet: Leise ist extraleise, Spannungsverlängerung, dann das lockere Tänzchen, jetzt schallern triumphierend die Zimbeln, Pauken und Trompeten. Symphonik, die um sich selbt kreist, Mustervorlagen für ein Kurorchester. (Aber Abwarten! Und nochmals hören). Schönes Gespräch mit meinem Bruder aus der Agro-Behörde, der mir die Handlungsmechanik von politischer Aktion und Priorität exemplierte. Im Radio ein kluger (d.h. realistischer) Korrespondent über die Aufteilung der Bodenschätze im Donbass – „Frieden und Sicherheit“ sind die Krümel, die dabei abfallen. Die im Ostkongo, dem Land des Kupfers, festgesetzten dreihundert rumänischen Söldner wurden nun wohl freigelassen.
Im Feld ein Lärchenpaar entdeckt, das davonflatterte. Die Äcker sind frisch gepfügt, die ersten Sommergäste wieder da. Die feuchte Atlantikluft wird den Frühling beschleunigen. Gehölz zerkleinert, einen Trieb der Eberesche mit der Axt gefällt, so gelingt mit dem Tulpenbaum eine bessere Koexistenz. Tippt man die Kätzchen der Erle an, gibt es ein kleines, chromgelbes Wölkchen. Der Teenie hat die erste Banane bei sich behalten, es war verdammt hart. Mit dem Sohn den Sieg des Drittligisten Bielefeld gesehen. Fußball wie früher: schwerer Boden, Kraftakte, Fans ganz dicht am Geschehen – die Bielefelder Alm.
Helko Reschitzki, Moabit
Die Luft seit Sonnabend irritierend mild, Temperaturen über 10° C. Vor der Seniorenresidenz neben dem Volkspark Wilmersdorf sind die Krokusse und Schneeglöckchen aufgegangen, Letztere auch im Park selbst. Suche nach dem Mittag in Kreuzberg die geografische Mitte Berlins. Die entsprechende Granitplatte muss man erst einmal finden im Hochhäusernirwana um die Alexandrinenstraße, zwischen Flächenentsiegelungsbaustelle, Sportanlage und Schule. Eigentlich liegt der Punkt 200 Meter weiter nordöstlich auf dem Gelände des BFC Südring, da man dort aber nicht so leicht raufkommt, wurde er einfach verlegt. So fängt das an – und am Ende schreibst du die Historie und Karten ganzer Länder um. (Immer alles nachmessen!)
Danach sehe ich mir im kleinen, netten Kinoraum der Berlinischen Galerie eine usbekische Variation der Aschenputtel-Geschichte an: „Bibi Seshanbe Ona“ von Saodat Ismailova, einer 1981 in Taschkent geborenen Künstlerin. Obwohl ihr Spielfilm nur 52 Minuten lang ist, bin ich der einzige der ca. 15 Zuschauer, der bis zum Ende dableibt. Vielleicht ist er den anderen „zu langsam“ oder „zu experimentell“ – keine Ahnung. (Bei den 24/7-Smartphonenutzern in meinem Umfeld beobachte ich, dass deren Aufmerksamkeitsspannen Jahr um Jahr kürzer werden und die Erschöpfung groß ist, wenn sie sich mal mit Ungewohntem = „Anstrengendem“ auseinandersetzen müssen.)
Bibi Seshanbe Ona ist ein altes zentralasiatisches Segensritual, das im kleinen Kreis von Frauen durchgeführt wird und sich dabei einiger Elemente des Animalismus und Zoroastrismus bedient. Es werden spezielle traditionelle Speisen zubereitet und Kerzen angezündet, eine der Anwesenden liest aus Mehl die Zukunft. Im Film wird diese Zeremonie mit einer modernen Variante des Aschenputtelstoffes verknüpft. Das Ganze ist herausragend ( = sehr natürlich) gespielt, Ausstattung und Kostüme sind toll. Und genau in den Momenten, in denen man es sich mit einem wohligen Seufzer behaglich machen könnte („Ach, da ist die Welt noch in Ordnung, leben Mensch und Tier harmonisch als Teil der Natur – ist das nicht alles zauberhaft!“), gibt es einen kurzen Ortswechsel in ein (reelles) Gebäude, in dem Frauen ärztlich untersucht und behandelt werden – das „Zentrum für verstoßene Frauen“. Dessen Gründerin Bibisora Aripova ist in dem Film als sie selbst zu sehen – im Märchen wäre sie Die gute Fee. Realität und Fantasie verschmelzen hierbei auf sehr poetische und horizonterweiternde Weise – eine lohnende knappe Stunde. Der Blick nach Osten schärft den Blick auf die eigene Welt.
Christoph Sanders, Thalheim
Ein ganz normaler Wochenbeginn. Tochter mit Magen-Darmgrippe aus Dachau zurück: leergekotzt. Sohn mit Halskratzen - drei Viertel der Schule hat schon am Freitag vor sich hingeschnieft. Meine Frau weiterhin gesund, sie kommt mit dem Schulvolk kaum in Berührung. Ich selbst glaube nach wie vor fest an die heilsame Wirkung von Sauerstoff und Bewegung und werde gleich aufs Rad steigen. Aber vorher koche ich Heiltees für Magen/Darm/Hals/Nase/Ohr - Salbei und Thymian haben den Winter großartig überstanden. Ein Bussard stößt gegen 7 seinen Revierruf aus.
Bin gespannt, was jetzt für ein Politpokern abläuft. Immerhin ist es gelungen, die Zahl der Sitze zu verringern. Das ist ein Erfolg. Und sehen wir den Tatsachen ins Auge: „Der Wähler“ interessiert sich viel mehr für den Benzinpreis. Man muss mal den Ansturm an einer holländischen Grenztankstelle erlebt haben, vermutlich gibt es in Polen Vergleichbares. Das sind die strategischen Interessen der Mehrheit. Das Einkaufsdorf Maasmechelen Village, das auf ein paar hundert Metern die heile, überschaubare Welt eines synthetischen Flanderns mit ein paar historisierenden Elementen als potemkinsche Kulisse für verbilligte Klamotten, Schuhe und Nonfood-Markenartikel hinstellt, ist der Renner. Weil das Autobahnnetz so gut ist, strömen die Kunden aus einem 100-km-Radius an. So wird im Westen der erfolgreiche Samstag begangen. Gratifikation im Alltag – das ist es, was die meisten umtreibt. Wir haben diese Kompensationstechnik eine Generation lang eingeübt.
Der Tag zog sich grau und grauer zu, sanfter Regen bei Plusgraden. Schneeglöckchen verstreut und in Blüte. Auf dem Rad die Müdigkeit spürbar. Unterwegs an meiner alten Kaserne vorbei, an den beiden Flughäfen, von denen teilweise hundert Starts pro Tag liefen, an den geheimen Raketenstellungen im Wald. Auch der kalte Krieg ist eine erprobte Methode. Der Teenie kotzkrank im Bett, kann so gut wie nichts außer Wasser und ein paar Mineralien zu sich nehmen. Hoffentlich ist die Sache bis morgen durch. Gerade helfen Tabletten.
Toni Morrisons Sprache sehr dicht und interessant – das ist schwer zu treffen in der Übersetzung. Dieses verwobene Übergleiten von Handlung, Denken, Erinnern und Dialog hat etwas von Nabokov. Leute, die NYC-Rap kennen, haben auch den Sound drauf.
Christoph Sanders, Thalheim
Gut zurück vom Maastricht 200, dem Auftaktbrevet der Saison.Bin reichlich platt - der Unterschied von bummeligen zu sportlichen 200 Kilometern. Ein unerklärter Wettkampf zwischen einer Gruppe junger Holländer und junger Flamen. Die Holländer hatten die Nase vorn. Start und Ziel in Maastricht, über Zuid-Limburg Richtung Kerkrade, an der Grenze entlang der Wurm nach Geilenkirchen. Wendepunkt in Venlo. Dann längs der Maas gegen den Wind nach Maaseik und schließlich an endlosen Kanälen zurück zum Ausgangspunkt.
Holland? Abseits gewisser grüner Nischen ein ziemlich ödes Land. Dazwischen kleine, alte Städte, manchmal ein schöner Kirchturm. Agrobusiness auf den Feldern: Champignons, Erdbeeren und andere Unterglaspflanzungen, die große Tanks und Silos erfordern. Der Geruch von Schweinezucht. Zwischen den Überlaufpoldern der Maas und diversen Kieswerken hat sich eine kleine Einkaufsstadt angesiedelt, die sich euphemistisch Maasmechelen Village nennt. Ein potemkinsches Musterdorf von einigen hundert Metern Länge, gebaut aus Fertigteilen, vermietet an Markenartikler. Man kommt nicht per Fahrrad hin, so blieb mir der nähere Anblick erspart. Die Altstadt von Maastricht dagegen wie Champagner: Pflasterstein, Sandstein, Backstein, Radfahrer, Fußgänger, bunt, wuselig, jung. Deutschlands westlicher Rand seit Jahren unverändert: die mühsam konvertierten Kohlebergbaustädtchen, in denen auffallend viele auf den Bus warteten, die suburbaniserten Dörfer. Lebende Ruinen.
Rennrad duschen, Wäsche trocknen, in den blauen Himmel sehen, wo Kraniche rufen.
Helko Reschitzki, Moabit
Sonntagmorgenmusik: Gustav Holst mit seiner siebenteiligen Suite „The Planets“. Bestehend aus den Sätzen: Mars, der Kriegsbringer – Venus, die Friedensbringerin – Merkur, der geflügelte Bote – Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit – Saturn, der Bringer hohen Alters – Uranus, der Magier – Neptun, der Mystiker. Bei der Uraufführung im September 1918 dachten nicht wenige, dass Mars ein Kommentar zum (in seinen letzten Zügen liegenden) Großen Krieg sei – jedoch wurde dieser Satz bereits vor dessen Ausbruch komponiert. Interessant, dass sich Holst aller Planeten unseres Sonnensystems annimmt, jedoch einen auslässt: Die Erde. Bei mir lief die Aufnahme mit dem St. Louis Symphony Orchestra, The Ronald Arnatt Chorale und den Missouri Singers unter Walter Susskind aus dem Jahr 1974.
Nach dem Frühstück katapultierte ich mich aus der sinfonischen Umlaufbahn und ging gemessenen Schrittes zur Wahlurne. Zum Mittag schlonzte ich gedämpfte Kohlrabiblätter nebst Strünken mit mildgesäuerter Genossenschaftsbutter in einen Kartoffelberg, in den zudem gebratener Räuchertofu, Muskatnuss, Sambal Olek, Salz und frisch geriebener Meerrettich kamen = planetarisches Entzücken. (Das war der bei Holst fehlende Teil: Die Erde, unsere Ernährerin.)
Die Temperaturen bewegten sich innerhalb einer Woche zwischen minus 9 und plus 12° Celsius. Der Schnee im Karree nun komplett geschmolzen. Der Himmel zunächst von einem hellgrauen Schleier bedeckt, dann zartblau. Die Vogelwelt sortiert sich lautsark neu. Während auf vielen Gehwegen letzte Weihnachtsbäume liegen, im Hof die erste Kinderkreidezeichnung des Jahres. Von Nachbarn holte ich mein 1,5-Kilo-Päckchen Wermutkraut ab – Bitterstoff für ungefähr anderthalb Jahre. Die Musik im Tageslauf immer weniger orchestral: Bach-Choräle, Monteverdis Madrigale, Bettellieder aus Apulien, Giovanni Gabrielis Stücke zum St.-Rochus-Fest – Rochus von Montpellier (ca. 1295-1379) war Schutzheiliger der Pestkranken, maladen Haustiere und Patron der Siechenhäuser.
Abends weiter in Dominik Grafs knapp dreistündiger Dokumentation „Jeder schreibt für sich allein“, die vom gleichnamigen Buch Anatol Regniers, der im Film ausführlich zu Wort kommt, angeregt wurde. Es geht um Schriftsteller, die in der Nazizeit nicht emigrierten: Hans Fallada, Ina Seidel, Hanns Johst, Will Versper, Jochen Klepper. Für mich viel Neues über Kästner und Benn. Hochinteressant! Die Flucht aufs Land und die Flucht aus dem Land, der Kampfbegriff „innere Emigration“, die Auseinandersetzungen mit Thomas Mann. Die feine Unterscheidung von Patriot, Nationalist, Nationalsozialist und Nazi. Die nicht oft genug zu wiederholende Erkenntnis, dass sich niemand seiner selbst sicher sein kann, weil in jedemvon uns ein Unmensch schlummert, der unter gewissen Umständen zum Vorschein kommt. Wie nahezu alles von Graf ist das packend und differenziert erzählt und erweitert die Wahrnehmungs- und Denkhorizonte ungemein.
Frank Schott, Leipzig
Im Pleißemühlgraben, einem künstlich angelegten Nebenarm der Pleiße, der bereits seit dem 10. Jahrhundert durch die Leipziger Innenstadt fließt, ruht unter einer Art schwimmenden Pergola ein Stockentenpärchen. Womit sich die folgenden Fragen stellen: Wer hat da eigentlich die Zweige verflochten? Wer baut so eine Insel? Gibt es in unserem städtischen Gewässeramt gar eine Arbeitsgruppe Wasservogelpergolabau?
In den Jahren nach der DDR-Gründung hatten die industrieellen Abwässer aus den Braunkohletagebauen den Mühlgraben in eine stinkende Kloake verwandelt. Und was machen die Mächtigen, wenn sie ein Problem nicht lösen können oder wollen? Sie decken es zu. Also wurde das Flüsschen ab 1953 überwölbt und geriet so zunächst aus dem Blickfeld und später auch dem Bewusstsein der Einwohner. Erst die Stilllegung ganzer Industriezweige und die härteren Umweltschutzbestimmungen nach der Wende gaben dem Wasser eine annehmbare Qualität ohne stinkende Schaumkronen zurück.
Als in dem Abschnitt, wo heute das Entenpaar sitzt, im Frühjahr 1997 der erste Spatenstich erfolgte, um den Graben wieder freizulegen, war ich als freier Radioredakteur vor Ort. Der Bürgermeister sprach. Eine Kapelle spielte. Es war ein kurzer, großer Moment, denn zu diesem Zeitpunkt war das Gewässer beinahe 50 Jahre lang aus dem Stadtbild verschwunden, was sich nun ändern sollte.
Die Freilegung ist noch nicht abgeschlossen – aus städtebaulichen und finanziellen Gründen verläuft der Graben nicht immer exakt in seinem alten Bett. Zudem wurde die anfängliche Idee, ihn schiffbar zu machen, fallengelassen, denn dazu hätten mehrere Brücken um- bzw. neugebaut werden müssen. Und so ist er an einigen Stellen nach wie vor in die alten unterirdischen Gewölbe eingezwängt.
Nun, das Entenpärchen stört es nicht – kann es nicht unter den Straßen hindurchschwimmen, kann es immer noch drüber weg fliegen. Oder bleibt einfach liegen und lässt sich von der Sonne wärmen, die mittags direkt auf die Flechtpergola scheint.
HEL Toussaint, Prenlauer Berg
Grafik: Helko Reschitzki, Moabit
Helko Reschitzki, Moabit
Am Samstagnachmittag habe ich im Monbijoupark das Gefühl, michin der Interzone zwischen Winter und Frühling zu befinden: in den Mauerschatten das Restschneereich, umgeben von Pfützen und Modder, Leute mit Wollmütze und Mantel neben Piepeln in T-Shirts, Sonnensucher, erste Balz – beim Vogeltanz bin ich die Nummer ans.
Die drei neuen Ausstellungen in den Kunst-Werken Berlin lohnend: Matt Copson mit Age of Coming, einer Art elektronischer Laser-Oper über die ersten beiden neuen Wesen auf einem zuvor zerstörten Planeten irgendwie anrührend und formal dermaßen retro, dass es fast schon futuristisch wirkt. I lost my mother to the fire / I went to work as town crier / Strange situation / Earthly castration. Musik: Caroline Polaschek, Gesang: Kiran Subramanian und Simeon Wren.
Sung Tieus Auseinandersetzungen mit unserem gesellschaftlichen Verhalten gegenüber Fremden erhellend, gerade, was die nicht unüblichen Bevormundungen im Kunstbetrieb angeht, wo ja eher über eine (vermeintliche) Gruppe oder Community „gearbeitet“ wird, statt die Einzelnen selbst zu Wort kommen zu lassen. Die Techniken, mit denen sogenannte Vertragsarbeiter aus Vietnam Westzigaretten in die DDR schmuggelten, ganz alte Agenten-Schule, also klasse.
Bei der dritten Schau, Miloš Trakilović‘ Musik- und Video-Installation Not a Love Song, kam mir zugute, dass ich vorher nie etwas zu Werk und Künstler lese. Und so saß ich dann unbefangen im Flimmern der Bildschirme und ließ Bilder und Klänge in mich strömen … Es bilden sich Verknüpfungen mit den frühen Sonic Youth („Protect me you“), Tricky („Piano“) oder DJ Spooky with The Freight Elevator Quartet: Schleppende Beats, Keyboarddrones, kurz angeschlagene Gitarren … Industriebrachen … Fabrikhallen … Beton Beton … Manchester … Lubljana … Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Sounds von einer KI-Anwendung generiert waren. Die hatte Trakilović mit 564 Songs gefüttert, die in den vier Jahren vor Beginn des Bosnienkriegs (1994) in den Ländern der späteren Feinde veröffentlicht wurden. Das Programm erkannte Tonalitätsmuster, machte daraus Files und ließ mit einem zweiten Tool aus dieser Datenbank die Musik für die Ausstellung kreieren. Die Videos wurden von der KI sogar in Echtzeit erstellt und dann live gestreamt. Aus der Mensch-Maschine wird nun so langsam die Maschinen-Maschine. Und wir alle sind dabei. (?!)
René Schwettge, Lehnitz
heutemorgengestern – a star is a star is a star
Nur am Waldrand entlang, die alte Huckelstraße. Zur Fahrrad- und Fußgängerzone gemacht mit nem sehr kräftigen Baumstamm. In die Mitte n Durchgang gesägt, fertig. 3 glitzernde Armbändchen hängen in den Bäumen. Mir fallen natürlich die bösen Geschichten und Dürrenmatt ein, doch ich denke auch an ne gute Seele, die just Freude daran hat, Rätsel aufzugeben, Tinnef zu verschenken. Auf der Strasse wird der Wald einseitig. Auf der anderen stehen schon Häuser. Wenig Mensch zu sehen. Ab und zu ein Auto. In der No. 25 wohnt ein einsamer Mann, Frau vergangen, Kind weit weg. Klassiker. Manchmal schwatzen wir über alles und nichts. Emma ziehts weiter. Zeitung lesen, Marken studieren, manchmal Nachrichten erwidern. Unser Dialog wird lauter und noch 50 m weiter ruft mir der einsame Mann, aus dem viel zu großen Haus, Antworten und Fragen hinterher.
Emmas Blindheit hat natürlich auch mit Tagesform und vorhandenem Licht zu tun. Manchmal bittet sie fast darum angeleint zu werden. Es besteht ein Unterschied zwischen blindem Hund und Blindenhund. Doch der eigentliche Star war und ist und bleibt die Sonne.
Im Kino gewesen, 2 Filme geguckt. Ein Inuitmärchen aus grauer Vorzeit, mit weißen und schwarzen Schamanen im Widerstreit, nem kinderraubenden Troll und Happy End. Dann noch einen von jetzt und das traurigschöne, heilsame Dasein auf Hallig Hooge, mit Hanna Schygulla und ihrem fantastischen Nichtschaupiel. Da war auch dieses Licht. Voller Kraft selbst noch im Untergang.
Christoph Sanders, Thalheim
Ich habe noch nicht über das Mittagsmenu entschieden, außer, dass ich Rote Bete besorgen werde – mit Petersilie und Minze, leicht gesalzen: fertig. Bei uns sind es übrigens die Dönerbuden, die als einzige frisch geschnittenen Kohl und Gemüse en gros anbieten.
Die Podiumsdiskussion in der Schule, die nach einigem Hin und Her doch unter Einbeziehung des gesamten Wahlspektrums stattfand, verlief unfallfrei – bis auf eine Äußerung zum Klimawandel keinerlei Ecken und Kanten. Einer der Abgeodneten fährt ein Auto, auf dem vierseitig sein Konterfei abgebildet ist – wers braucht.
Bei einer dieser Fernsehbluesdebatten fiel mir eine Passage aus Kazuo Ishiguros Roman „Was vom Tage übrig blieb“ ein, der über eine Kaminzimmerkonferenz internationaler Politiker schreibt, bei der der Amerikaner polternd die Sitzung verlässt: die Engländer seien einfach Amateure, ihr politisches Verhalten unprofessionell! Klar, Fiktion – aber vermutlich reell einer der Punkte, der den langen Abstieg Europas bezeichnet. Politik kann auch eine Kunst sein, aber mein V-Mann sagte mir vergangene Woche noch: Sie ist es fast nie. … und darum jetzt die letzte Mozart-Sinfonie, genannt Jupiter. Was für ein großes Stück! Suitner, die Dresdner, Eterna.
Über Nacht war es nach leichtem, zarten Regenfall ganz dunstig geworden. Plus 6, das ist gut fürs Rad und seinen Piloten. Die Tierwelt lebt auf. Nach wie vor interessant: dieser schwarmartige Einfall der Finken in die hohe Birke, vermutlich Besuch aus dem Wald. Die gelben Meisenpunkte deutlich vernehmbar. Der erste Hausrotschwanz des Jahres im Feld!
Nun die unentbehrlichen Sachen ins Auto, gleich gehts Richtung Westgrenze – morgen Maastricht 200.
Frank Schott, Leipzig
Am letzten Wochenende fiel das Laufen aus – neben Knieproblemen bahnte sich eine Erkältung an. Dann Gewissheit: Laut Ärztin ist es die Grippe. Bis auf meine Frau hustet und kränkelt die ganze Familie.
Nach zwei Tagen und Nächten mit Schüttelfrost und viel Schlaf musste ich mich am Dienstag einfach mal bewegen. Eine kleine Runde. Ich bin geschlurft wie ein alter Mann. Das Positive daran: Ich sehe Dinge, die ich vorher nie bewusst wahrgenommen habe. Zum Beispiel, dass alle neu gepflanzten Bäume in der Karl-Liebknecht-Straße gesponsert sind, zu erkennen an kleinen Eichenstelen mit Widmungsplaketten, u.a. waren Familien, Ehepartner oder Politiker die Geldgeber. Die Aktion heißt „Baumstarke Stadt“ und wird vom Amt für Stadtgrün und Gewässer organisiert. Ab einer Spende von 250 Euro kann man Pate werden und erhält im Gegenzug besagte Stele mit dem Schildchen, auf das ein individueller Text graviert wird. Angepflanzt werden Platanen, Stieleichen sowie sogenannte Stadtlinden.
Nun frage ich mich: Wäre die Straße ohne neuen Baumbestand geblieben, wenn sich niemand erbarmt und gespendet hätte?
Baumpflanzungen in der Innenstadt sind in Leipzig ein politisch stark aufgeladenes Thema. Seit einigen Jahren müssen in immer mehr Nebenstraßen Parkflächen Bauminseln weichen. Was das Stadtklima verbessern soll, führt andererseits dazu, dass die Autofahrer wie im alten Grönemeyer-Song herumkurven und nach einem Parkplatz suchen. Die Folge ist, dass an Kreuzungen bis an den Rand der Einmündungen geparkt wird, was es für Fußgänger zu einem Hindernislauf macht und anderen Verkehrsteilnehmern die Sicht versperrt.
In der eingangs erwähnten Straße ist die Stadt einen anderen Weg gegangen: Für die ca. zwei mal zwei Meter großen Pflanzinseln wurde nicht Parkraum umgewidmet, sondern der Bürgersteig verkleinert. Da die anliegenden Gastronomen auf den Umsatz aus ihren Freisitzen angewiesen sind, wird es teilweise sehr eng für Familien mit Kinderwagen oder Menschen, die ihr Fahrrad schieben. Momentan fällt das nicht so auf, weil die Freiluftsaison noch nicht begonnen hat.
Dann gibt es noch verwahrloste Grundstücke, die im Laufe der Zeit zugewachsen sind, unter anderem mit inzwischen 20 oder 30 Jahre alten Bäumen. Aufgrund von Petitionen können die nicht entfernt werden, so dass die Fläche brach liegt und weiterhin Wohnraum fehlt. Glaubt man Medienberichten, kommen die Unterschriften zum Großteil von Ortsfremden. Auch das hochemotionale Themen.
Nach der Runde (nicht einmal 1000 Meter) war ich so fertig, dass mir die Muskeln in den Oberschenkeln zitterten. Danach habe ich wieder ein paar Tage flachgelegen.
Christoph Sanders, Thalheim
Ein zart bewölkter Morgen. Es ist wärmer geworden – das sind null Grad, ohne Wind. Eine orangene Sonne grüßt die letzten Tage der kleinen Hyazinthe. Klemperers Bruckner 4 hebt an.
Mittagsmeldung aus dem Friedensgarten: Deutlich aktivere Vögel bei 5 Grad plus. Inmitten eines Schwarms Buchfinken einen Bergfinken gesichtet. Dank Zehnfach-Glas konnte ich diesen sehr genau beobachten, aber erst Vogelbuch Nummer 2 brachte Gewissheit: die rostorangebraune Winterfärbung, das deutlich dunklere schwarz-weiße Gefieder. Spannend für mich.
Weiter mit Post, Violine und Kokoschkas „Mein Leben“. Ein Vieh, wie der Österreicher anerkennend sagt. Höhepunkt, als er sich nach der Trennung eine lebensgroße Fetischpuppe von Alma Mahler bastelt, der dann im Dresdner Saufgelage der Kopf abgerissen wird. Die großbürgerliche Spielwiese der Kunst und Musik hörte nach 1918 nicht sogleich auf. Mit Cassirer beginnt für Kokoschka die typische Galeristenära. Vorher gab es Aufträge, mal hier, mal da. Jetzt produzierst du nach Vertrag füreinen Markt. Das bringt Sicherheit aber auch Nöte – dir muss immer etwas einfallen. Das Leben 1900 bis 1950 turbulent. Interessante Verbindungen: Loos – Gropius – van der Rohe. Die Amerikaner schon im Ersten Krieg Waffenlieferant für die Italiener. Kokoschkas Trupp merkt, wie die ihre neuen Geschütze an ihnen erproben. Shellshock am Isonzo.
Und heute? Hört man die Alarmschreie der Berliner Kulturszene. Vor einhundert Jahren gab es so etwas nicht. Da existierten autonome Arbeiterbewegungen, fette Inflationsgewinner und Grosz, aber keine verfilzten Scheinbeschäftigungen. Geht in die Problembezirke, da warten 10.000 Berliner, die kaum Lesen oder Schreiben können, deren Kinder in der Vierten Klasse keinen einzigen deutschen Satz aufs Papier bringen.
Helko Reschitzki, Moabit
Besuch beim Schriftsteller, Vogelhausbauer, Straßenrandgärtner und Blog-Kameraden Bernd Wagner. Die inhäusig zu erledigenden Dinge bringen wir hurtig hinter uns, damit wir in die Sonne können. Vorm Haus betrachten wir Bernds Beet, in dem die Schneeglöckchen und Winterlinge kräftige Farben in den graukrustigen, gelbbetröpfelten Schnee tupfen. Da ich auf den Gipfel des gleißenden Kreuzbergs möchte, fußtasten wir wie Hanghühner, die zu oft am Codein genippt haben, die ziemlich steilen und glatten Wege hoch, bis endlich die langen 66 Meter geschafft sind. Dabei fallen Sätze wie: „Bloß nicht schon wieder mit Ellenbogenbruch in die Klinik!“ oder „Runter gehts schneller, fragt sich nur wie, haha.“ oder „Wen soll man denn jetzt nun wählen?“ oder „Die Vögel klingen jetzt schon ganz anders, nicht mehr lange, dann beginnen die sich zu paaren.“ oder „Nach Gustav Mahler und Tschaikowski gab es keine gute Musik mehr.“ („Häh?!“) Den auf den am Parkrand herausgerissenen Baustellenzaunfeldern rodelnden Hormonteufeln ist sowas natürlich vollkommen egal. Am Fuß des Hügels sehen wir jemand in einem riesigen Nagetierkostüm. Wir fragen uns, ob der Kunstfellbewandete dafür bezahlt wird, oder es sich um einen uns bislang unbekannten Fetisch handelt, aber wahrscheinlich balanciert es sich mit langem Schwanz nur gerade etwas einfacher übers Eis. Und so genau will man sowas ja nun auch nicht wissen. Wieder heil unten, gehen wir zum Dora-Duncker-Park, von wo aus wir zwischen Schienen und Birkenwäldchen Richtung Gleisdreieck stapfen. Auf den Hauptwegen viele Menschen, dort wo wir sind, nur wir und die Tierspuren vor uns. Am Robinienvorwald trennen sich die Wege, Bernd will weiter in den Großen Tiergarten, ich insRussische Haus. Прощай друг!
Dann zurück nach Moabit, wo sich in eine 10 Hektar große Biohof-SoLawi („Solidarische Landwirtschaft“) aus dem Brandenburgischen vorstellt, um Mitglieder wirbt und vor Ort die Einrichtung einer Abholstation der zukünftig wöchentlich gelieferten „Gemüsekiste“ vorbereitet wird. Ich schließe aus den verschiedensten Gründen kein Abonnement ab.
Zum Glück bin ich in der Großstadt in der privilegierten Lage, an vielen Orten Lebensmittel in der besten Qualität zu bekommen, so dass ich mir die Anbieter nach meinen Kriterien (und Sympathien) aussuchen und zusammenstellen kann. Das ist im Hinterland oft viel schwieriger, da musst du deine Produkte von dem nehmen, der halt da ist: den erzeugerpreisdrückenden Handelskonzernmultis (via Supermarkt in der nächstgelegenen Kleinstadt), dem Hofverkauf mit Fantasiepreisen, all den Ideologen, die sich zunehmend am rechten und linken Ackerrand tummeln. Reine Glückssache. Denn entgegen des Klischees hat dort nicht jeder die Möglichkeit selbst anzubauen.
Gegen 5:30 Uhr gibt die Amsel im Hof laut, kurz danach die Tauben. Die Schneeflächen geschrumpft, mählich steigen die Temperaturen. Dampfbad mit Eukalyptus, Minze, Thymian und Teebaum, dazu Arvo Pärts „Adam’s lament“, ECM Records, 2012. (Ich lasse andere für mich lamentieren.) Frühstück, Frühsport, Teeaufguss. Guter Morgen.
Christoph Sanders, Thalheim
Zurück aus Koblenz, wohin ich drei junge Gymnasiastinnen brachte, die sich mit dem Zug zur Bildungsreise nach Dachau aufmachten. Durch das Autobahngeschlängel einer deutschen Mittelstadt zum Bahnhof. Überall Trassen, Schleifen, doppelspurige Überführungen – unglaublich, was die Bundesrepublik an Beton in den Berg gesetzt hat. Der Bahnhof ganz klein und für Durchgangsverkehr kaum erreichbar, zum Glück ist eine der wenigen Haltemöglichkeiten frei. Die Teenies hatten noch gute zehn Minuten, um ihren Zug zu erreichen. Sogleich verließ ich diesen unwirtlichen Ort und fuhr gegen den Strom zurück.
Habe den Risotto heute mal mit Chianti abgekocht – die Färbung kam nicht so gut an, der Geschmack schon. Blomstedts Fanfaren der Vierten Bruckners schallen durchs Zimmer. Meine wiedergefundene Eterna-LP. Eine der ganz frühen Digitalaufnahmen – und wie sich das bemerkbar macht: Was für ein Raum da plötzlich ist!
Immer noch Ostwind und scharfe minus 4, höher dann minus 6. Doch allmählich verschleiert es sich, das ist der Vorbote für die Westströmung, die in 24 Stunden einen Unterschied von 10 Grad aufbauen soll. Hoffentlich geht das ohne Turbulenzen. Müdigkeit nach dem Geschmeidigkeitstraining gestern.
Susanne Kasperowski, Gadebusch
Außenkamera Garten, 21:55:03, 16-02-2025
Christoph Sanders, Thalheim
Wir lesen diesmal: Der Zug um 8:30 Uhr fällt wegen Signalarbeiten aus. Und wieder 40 Kilometer Autofahrt über die schöne weite Welt. So bekommt der große Sohn immerhin Fahrpraxis. Sonnige minus 6, der Wetterwechsel lässt auf sich warten. Der Ostwind bläst mit stetigem Druck – es ist recht frisch.
Gegen 8:50 Uhr im SWR eine Sendung über Künstliche Intelligenz und den Einsatz von Robotern. Es wurde völlig bedenkenlos über Möglichkeiten in der Pflege gesprochen, wo der Roboter dann von KI kontrolliert wird, damit ihm im Umgang mit Hilflosen keine Fehler unterlaufen. Die deutschen Entwickler sehr stolz auf ihre schöne neue Welt.
Mozarts große Symphonien (die Linzer!) eingtroffen. Habe die Luxus-Wahl zwischen Suitner mit den Dresdnern und Muti mit den Wienern. Die Wiener manchmal etwas lyrischer, die Dresdner spritziger, das ist Real vs. Barcelona. Die Aufnahmen erstklassig – man braucht halt geschulte Tonmeister, ein Top-Orchester und eine bewährte „Tonhalle“. Dem Postmann ist diese trockene Sonnenkälte lieber als das graufeuchte der letzten Woche. Mir auch.
In den hohen Birken der Nachbarn leuchtete plötzlich der Dompfaff auf und näherte sich bis an den Pflaumenbaum. Das passiert nur ca. einmal im Winter. Der wunderschöne Kontrast von tiefschwarz und intensivem Rosarot an diesem Tier. Doll.
Oben auf dem Rist habe ich meine Flachstrecke fast verdoppelt. Ein anspruchsvolles Training, das aufgegangen ist. Die letzte Partie wird mit schwerem Gang gefahren, die vorigen in kleinen, die ich heftig und ohne Pausen durchkurbele. Der runde Tritt ist eine komplexe Sache, das darf man gern sagen. Eine Art Micromanagement der Muskeln: Es können immer wieder verschiedene Partien belastet werden, mal wird mehr gezogen, mal mehr gedrückt und geschoben. Es ist ein völliger Irrtum, zu glauben, Radrennfahrer säßen in einer Postion und träten stur im Takt – nach zehn Minuten würden sie völlig verkrampfen; von außen sieht man es kaum, im Sattel spürt man es dagegen umso mehr. Herrlich müde Muskeln nachher.
Abendstimmung mit ersten Wolken, möglicherweise kommt nun die Westströmung – es kann gern wieder wärmer werden. Die Kaninchen sind im Stall, dieser doppelt mit Autoscheibensilberfolie isoliert. Alle Kinder satt. Nun bettwärts. Da ich lieber den eigentlichen Sound, die Worte im Original wollte, hatte ich mir Morrisons Buch jetzt auf Angloamerikanisch bestellt. Null Probleme, den Sätzen der ersten Seiten zu folgen, im Deutschen musste ich zum Teil dreimal lesen, so verunglückt waren da Satzstellungen.
Christoph Sanders, Thalheim
Eiskalter, klarer Morgen. Minus 5 in der Talsohle, drei Krähen bilden eine symmetrische Triade auf dem Kirchturmkreuz. Der Präsident sitzt auf dem Hahn, der stur nach Osten zeigt. Die Sonne bläst den Reif von den Hausdächern. Die Hyazinthe errötet im schrägen Licht – sehr eigenartig die unterschiedlichen Gerüche, diese Variante in pink erinnert an Gewürznelke.
Am Spätnachmittag Sonnenuntergang bei -2°C. Abends hat unser Teenie nach Internetanleitung ein Bananenbrot gebacken – das iPad steht aufgeklappt und liefert Musik samt Rezept. Wichtig dabei die Filmchen, wo immer alles gelingt und man nur strahlende Gesichter sieht. Das Kochbuch hat völlig ausgedient. Ist ja auch ein ziemlich redundantes Produkt, die allermeisten sind die Wiederholung der Standardrezepte im neuen Gewand. Besonders erfolgreich die Blender aus UK – wo sich der gemeine Durchnittsverdiener nicht mal annähernd die Zutaten leisten kann. Wenn ich sehe, mit wieviel Theater eine stinknormale Regenbogenforelle zelebriert wird … Aber bitte. Musste an eine Radtour durch Böhmen denken, wo auf dem Marktplatz der kleinen Stadt ein Mann mit Kuchenblech vorbeilief und warmen Strudel verschenkte.
Bin gebannt von Toni Morrison, die in „Jazz“ auf so eigene und spezielle Art die Epoche des frühen Harlem-Jazz und der großen Bluesmusiker einfängt. Die Details, aus denen man sofort ein Bild entwerfen kann: Die Gardinen in Überlandzügen, welche beiseite gezogen werden, wenn die Grenze zu den Nordstaaten passiert ist. Die Wanderung in die Städte. Die Erleichterung, wenn die Fron der Feldarbeit hinter einem liegt. Wir sollten eigentlich dankbar sein, dass wir in einer Zeit und auf einem Kontinent voller Optionen leben.
Helko Reschitzki, Moabit
Morgens -8°C, die kürzlich gekaufte Thermohose hatte sich bereits mit Verlassen des Hofes amortisiert. Ein blauer Himmel mit kräftiger Sonne bei klarer, trockener Luft; im Laufe des Vormittags durch die zunehmende Bewölkung anmutungskühl, obwohl die Temperaturen bis auf -1°C stiegen. Hier und da leichte Schneeverwehungen, die Gehwege stellenweise überfroren. Ich hatte heute in Schönholz zu tun, einer sogenannten Ortslage im westlichen Niederschönhausen. Zu Mauerzeiten Sperrgebiet zwischen Ost und West und mir bislang unbekannt. Nachdem ich meinen Kram erledigt hatte, erkundete ich ein wenig die Gegend, wobei ich zwischen Bürgerpark, Friedhof und den S-Bahngleisen auf irgendein Betriebsgelände geriet. Alles etwas unübersichtlich – ich latschte direkt in den mehrere Männer starken Werkschutz rein. Was die da bewachen, konnte ich nicht genau erkennen, sah aus wie eine Funkanlage. Mir wurde dann freundlich der kürzeste Weg nach draußen gezeigt. Noch 1989 hätte dort eine vergleichbare Situation böse Folgen gehabt. Wir leben gerade in ruhigen Zeiten.
Von der Südseite streifte ich kurz das Landschaftsschutzgebiet Schönholzer Heide, ein 35 Hektar großer Stadtwald voller Eichen, Ahorn, Fichten, Platanen, Kiefern und sehr bewegter Geschichte – der wird beim nächsten Mal durchströmert und genauer bekiekt.
Ansonsten viel Tristesse. Mich deprimieren diese Stadtteilränder ja immer etwas, das Graubetonige, die Baracken, in denen irgendetwas zertifiziert wird, die Jobcenterarbeitszwangvereine, die Ölflecken in den Schrauberhöfen, die Schaumzuckermäusemanufakturen und Kunstblutbuden. Umso wichtiger die Waldgänge davor und danach.
Dazu passend abends der dystopische mazedonische Film „M“ von Vardan Tozija, in dem ein Waldjunge in die zombieverseuchte Stadt gerät. Poetisch und mit wirklich gutem Plot in diesem ja ziemlich auserzählten Genre. Hauptdarsteller Matej Sivakov eine Wucht!
Ab hier bitte nicht weiter!
Christoph Sanders, Thalheim
Leichter Frost, die Ostströmung hat sich behauptet. Auf dem Rad Ruhetag, das Training am Samstag war hart und wirkungsvoll. Die rosane Hyazinthe entpuppt sich als pinke Bombe, fuchsiafarben eigentlich, weniger Duft als bei der ersten Ausgabe.
Gleich hau ich ein paar Steaks in die Pfanne und später gibts einen Marmorkuchen von den Teenies. Sie lieben es! Aber nun gehts noch rasch zum Regionalzug. Gestern entdeckten wir auf der digitalen Anzeigetafel über dem Bahnsteig einen Rechtschreibfehler, den nur ein Mensch gemacht haben konnte. Wir werden ihr jetzt eher verzeihen.
Helko Reschitzki, Moabit
Waral Prakalp
Eine Dorfhütte im Westen Indiens. Drei Frauen singen. Sie singen ein Lied, das sie als Kinder ihren Müttern abgelauscht haben und diese wiederum ihren Müttern. Sie singen vom Regen und Reis und dem Streit zwischen Schwester und Bruder. Sie singen bei der Arbeit, es ist dieselbe, bei der schon ihre Vorfahrinnen sangen. Sie singen und mahlen dabei Getreide. Dann zeigen sie uns, wie sie ihre Sämereien vor Ungeziefer und Verschimmelung schützen und schildern, wie sich das Leben ihrer Gemeinschaft am Monsunregen ausrichtet.
Zu sehen ist all das in einem Film des Projekts „The Grindmill Songs – Peoples Archive of Rural India“, das seit über zwanzig Jahren in den Dörfern der Region Maharashtra solche Mahllieder aufnimmt. Bislang konnten 100.000 Aufnahmen von 3300 Menschen archiviert werden – was für ein Schatz.
Diese Filmdokumentation ist Teil der Ausstellung „Waral Prakalp – Schützerinnen und Schützer der Wälder“ im neuköllner Spore-Haus. Waral Prakalp ist der Name einer Initiative, die von den indigenen Bewohnern des Dorfes Ganjad gegründet wurde: Bäuerinnen und Warli-Künstlern, Schamaninnen, Imkerinnen und Imkern. Irgendwann haben diese Frauen und Männer feststellen müssen, dass die innige Beziehung, die ihr Dorf einst zu den Wäldern, Pflanzen und Tieren der Umgebung hatte, gestört ist. Beunruhigt, begannen sie, sich verstärkt mit der eigenen Historie zu befassen, um vom Wissen der Ahnen zu lernen und die über Jahrhunderte gewachsene Symbiose mit ihren Gehölzen, Böden und dem Getreide wiederzubeleben.
Dabei entdeckten sie fast vergessene Techniken des Waldschutzes und der Wiederaufforstung sowie altbewährte Anbaumethoden, die sie mit heutigen Produktionssystemen wie der Agroforstwirtschaft verbinden. Es wurden nachhaltige (und kostengünstige) Lösungen gefunden, um Waldökotope klimatischen und biotischen Änderungen anzupassen und ins dörfliche Leben zu integrieren. So entstanden Wasseraufbereitungsanlagen, eine gut genutzte Saatgutbibliothek und eine Baumschule.
Momentan wird an einem Gemeinschaftsraum gearbeitet, in dem in Zukunft landwirtschaftliche Schulungen stattfinden sollen, man Werkzeuge, Setzlinge und Erfahrungen tauscht, miteinander singt, lacht, tanzt, spielt – und malt! Denn das Erschaffen von Bildern war seit jeher ein elementarer Teil der Gemeinde. Die Ursprünge der Warli-Kunst (von „Warla“ = „bebautes Land“) reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück, in eine Zeit, in der die Bilder die einheimischen Sagen und Märchen erzählten. Einige der Warli-Künstler können mittlerweile vom Verkauf ihrer Bilder leben, der Kunstmarkt ist ja ständig auf der Suche nach „neuen Trends“ – manchmal sind diese dann uralt.
Die in der Ausstellung gezeigten Malereien, Zeichnungen, Texte und Skulpturen beeindrucken durch ihre außergewöhnliche Bildsprache, die Farben und Formen. Man spürt, dass diese Werke in einer sehr langen Traditionslinie stehen – geerdet, heimatverwurzelt, all die Geister der Vorfahren anrufend. Das hat glücklicherweise überhaupt nichts mit Ethnokitsch zu tun und ist auch keine dieser momentan inflationär zu sehenden „Ökokunst“, der man leider meist anmerkt, dass sie nur geschaffen wurde, weil es dafür gerade einen Markt oder ein Feld im Fördergeldantragsformular gibt – das hier ist Kunst, die Bestand haben wird, weil sie sich mit den Jahrhunderten vor ihr verbindet und nicht mit dem Zeitgeist.
Die Gemeinschaftsschau ist noch bis zum 23. Februar (donnerstags bis sonntags) zu sehen. Ich war bereits zweimal dort – so wie man in den Boden gutes Saatgut gibt, muss man auch die Seele füllen.
In der Ausstellung liegen sehr viele Materialen aus, unter anderem ein sehr zu empfehlendes, auch haptisch tolles Begleitbüchlein; es gibt eine VR-Installation, bei der man durch eine Dorfhütte gehen kann, dazu Ergänzendes im Internet:
Ein eisiger Wind, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Der Winter ist zäher als wir denken – aber die Kraniche sind zäher! Heute nur drei kernige Stunden auf der roten Maschine – der Flachland-200er um Maastricht will vorbereitet sein. In den Dörfern war die zunehmend um sich greifende Unsicherheit zu verspüren: Nicht selten stehen in den Hinterhöfen rüstige Verbrenner, die als Reserve gekauft wurden. Es bröckelt weiter im Hinterland.
Beim Fahren überlegte ich, was die momentanen Retro-Utopien so stark macht, dieses Heimatding im biederdumpfesten Sinne. Es ist wohl zum Teil die komplette Überforderung mit der schieren Masse an Informationen, die auf uns niedergeht. In Echtzeit! Diese völlige Transparenz von allem. Dafür ist unser Steinzeithirn nicht gerüstet. Um irgendwie davonzukommen, sucht es dann permanent Bullshit zur Ablenkung, geht ins Ungefähre und Spekulative – das Netz als Förderer obskurantistischer Strömungen! Weil es eben einfacher ist, simplen Wahrheiten zu glauben oder sich an Disneys Aschenbrödel festzuhalten. Da empfiehlt sich dann Nachrichtenfasten – und das Einordnen der Gegenwartsparaden: Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen Aldi nicht einmal frische Milch angeboten hat, als Zartbitterschokolade äußerst selten und mit maximal 54% Kakaoanteil zu haben war … und … und … und …
Nach heißem Bad nun in Wandersocken über der Trainingshose die Fortsetzung der Musikstunde. Der Schwede Herbert Blomstedt mit der Staatskapelle Dresden, Bruckners 4., eine Weltklasseaufnahme von Eterna. Man stelle sich bitte vor: EineMittelalterliche Stadt in der Morgendämmerung – von den Türmen ertönen Weckrufe – die Tore öffnen sich – auf stolzen Rossen sprengen Ritter hinaus ins Freie – der Zauber umfängt sie – Waldesrauschen, Vogelgesang …
Lore Morr, Parchim
Heute war ich anderthalb Stunden draußen! Das ist wirklich viel für meine Verhältnisse. Bei Schnee und herrlichem Sonnenschein ging ich eine Runde durch die Stadt, zumindest den Teil in der Nähe. Zum Eldearm hinter der Kulturmühle, dann bei Tischler Grohmann vorbei. Das Holz hinter der Turnhalle gehört nicht der Schule, sondern dem Privatmann, der da seit drei Jahren sein Haus baut. In der Blutstraße habe ich bei Ahnsorge Totenblumen gekauft, es ist schon wieder eine Bekannte gestorben. Immerzu stirbt jemand. Dann bin ich vom Rathaus zum Platz der Arbeit gegangen, der ja jetzt Moltkeplatz heißt, ich sag aber immer noch die alten Namen. An der Sparkasse habe ich einen Geburtstagsbrief eingesteckt. Das ist der einzige Briefkasten, den sie uns hier gelassen haben, alle anderen sind weg. Das Heidekraut entdeckte ich in der Cordesiusstraße, gleich um die Ecke. Wunderschön! Es war auch nicht mehr so glatt wie gestern, sondern alles gefegt und gestreut. Vom Westwind war die Luft ganz mild, die Kälte aus Sibirien ist nun wieder weg. Gott sei Dank! Es war trotzdem sehr kühl. Weil an den Rollatorgriffen die Finger so schnell kalt werden, hab ich zwei paar Handschuhe übereinander gezogen. Aber ich frier dann immer noch, vielleicht ist das in meinem Alter auch normal. Man darf nicht vergessen, dass ich fast 80 bin!
Helko Reschitzki, Moabit
Unter einem Wolkenhimmel mit gelegentlichen Sonnenstrahllücken taut langsam die nunmehr graue Schneedecke. Ab und an fallen ein paar Flocken, die es kaum zur Erde schaffen.
Neben der Tadschikischen Botschaft unterhalten sich zwei Männer, denen man auf den ersten Blick ansieht, dass ihr bisheriger Weg durch das Leben nicht der einfachste war: „Schnee ist besser als Regen, den kannste wenigstens abschütteln.“ „Darf nur kein Wind dazukommen, dann wirds unangenehm.“ „Jenau. Wind ist immer scheiße.“
Vor dem Paulaner im Spreebogen picken ungefähr ein und ein halbes Dutzend magere Spatzen hingestreute Körner auf, eine dicke Taube kommt hinzu. Alles bleibt ruhig, kein Getschiepe, Gegurre, Geflatter und Gehacke – es ist genug für alle da.
Auf dem Radfahrübungshügel im Kleinen Tiergarten ein paar Kinder, die rotwangig rodeln, daneben Erwachsene mit Thermoskannen. Prima Stimmung. An den Trinkerbänken dreißig Meter weiter sieht es ebenso entspannt aus, da sind also gerade ausreichend Alkohol, Tabak oder andere Drogen vorhanden.
Ich kaufe in meinem Biomarkt frischen Meerrettich, Radicchio und Brot. Auf dem Heimweg höre ich, wie sich zwei Jugendliche über den Unterschied zwischen „Happiness“ und „Joy“ unterhalten. Ja, da gibt es einen.
Eine kalendarisch und örtlich sehr begrenzte Tätigkeit: Splittstreu aus den Schuhsohlen pulen.
Samstagvormittag, Moabit, 52° 32′ 0″ N, 13° 20′ 0″ O.
Pieter Bruegel d.Ä. „Winterlandschaft mit Schlittenfahrer und Schneekugelroller“
Christoph Sanders, Thalheim
Habe mit der Jüngsten dem Welterzähler Ernst Gombrich gelauscht. Ein weiser Mensch. Von diesen gibt es nicht viele. Bereits die Alten Ägypter wussten, dass Weisheit zwar kostbar und selten ist, doch auch von der Magd, die den Mühlstein dreht, ausgesprochen werden kann. Wir sollten einander aufmerksamer zuhören.
Abends mit meiner Frau und Freunden in ein kleines Lokal im Weiltal, das ich vom Vorbeiradeln auf dem Weg zum Feldberg kannte. Zur Jahreswende war dort ein Schild angebracht: „Enten zu verkaufen.“, das hat sich mein innerer Kompass gemerkt. Gestern standen aber Forelle und Wild zur Auswahl, alles aus lokalen Liefereien. Die Enten müssen immer erst aus dem Odenwald herangeschafft werden – es gibt im 50-Kilometer-Umkreis keine Züchter, der Fisch kommt aus dem Nachbartal. Die Wildauswahl riesig – und nicht gerade billig. Vor gar nicht allzulanger Zeit waren das die Speisezettel der alten, gut besuchten, Dorfgaststätten gewesen: Forelle, Wild, Kartoffeln, Ranunkelsalat und Endivien. Heute ist es Luxus. Ich nahm den Fisch, innen mit Rosmarin ausgelegt – ein einziger, feiner, zarter Genuss.
Neben der Hasel, die mal rostfarbener mal grünlicher ist, blüht die Erle. Die Vögel finden Platz und Partner. Eine Welt in Bewegung. Gleich geht es in den Garten – ein wenig ausdünnen, bevor das explosive Wachstum beginnt. Und morgen ist der Wahlumschlag dran – es gibt im Dorf sogar noch einen Briefkasten.
Walter Kintzel, Parchim
Wie unser Wald entstand
Lichter Birkenwald im Quaßliner Moor
Die einheimische Landschaft, wie wir sie heute kennen, ist innerhalb mehrerer Jahrtausende entstanden. Geologische Vorgänge, Klima, Pflanzen, Tiere sowie der Mensch wirkten daran mit; kontinuierlich gab es Veränderungen. Die Bedeutung der einzelnen Faktoren wandelte sich dabei im Lauf der Zeit.
Ein markantes Ereignis waren die Eiszeiten. Der Rückgang der Temperatur in jeder dieser Perioden bedingten, dass die Gletscher wuchsen, weil sich in jedem Jahr mehr Eis bildete als taute. Die vorher im Tertiär (Ende der Kreidezeit vor circa 65 Millionen Jahren bis Beginn des Quartärs vor circa 2,6 Milionen Jahren) entstandenen Mischwälder wurden im Gebiet nördlich der Alpen durch das Eis vernichtet. Von der üppigen Tertiärvegetation hielten sich nur am Mittelmeer kleine versprengte Relikte. Als es nach der letzten Eiszeit wieder wärmer wurde und das Eis, das sich vor etwa 18.000 Jahren gebildet hatte, zurückwich, konnten sich Wärme liebende Pflanzen und Tiere von diesen Reliktstandorten nach Norden ausbreiten.
Unser Gebiet verdankt folglich sein Gepräge den Gletschern. Als die Eismassen abtauten, gaben sie Findlinge, Steine, Geschiebemergel, Ton und Sand frei – all das ist ein „Geschenk“ der Eiszeiten. An der Vorderseite der Gletscher (Inlandeis) wurde das grobe Material abgelagert, daraus entstanden Hauptendmoränen, also Hügelketten. Der leichtere und feinere Sand wurde durch die Wassermassen (Gletschermilch) weiter weggetragen, dieses Gebiet geriet zum wenig fruchtbaren Sandergebiet.
Nun begann die Bodenbildung aus Steinen, Geschiebemergel, Sand und Ton. Durch physikalische und chemische Verwitterung und den Einfluss von Bakterien entstand aus den Ausgangsmaterialien der Boden (auch Erde oder Erdreich genannt) als oberste und belebte Schicht der Erdkruste. Später wirkten die angesiedelten Pflanzen (abgestorbene Pflanzenteile) und Tiere (Ausscheidungen der Tiere, abgestorbene Tiere) mit. Bodenbildende Faktoren haben zweierlei Effekte: Sie verändern ein Ausgangsgestein und wandeln es in Boden um, aber sie verändern auch einen bestehenden Boden (wie zum Beispiel durch die Tätigkeit der Regenwürmer).
Zunächst wanderten niedere Pflanzen wie Moose und Flechten ein, gefolgt von krautigen Pflanzen und Zwergsträuchern. Aus dieser offenen Landschaft mit Tundren- und Steppenvegetation wurde allmählich eine Waldlandschaft. Das und auch die folgenden Phasen der Waldentwicklung können wir sehr gut durch die Pollenanalyse beweisen. Als Begründer dieser Methode gilt der Geologe Lennart von Post, ein Schwede, der 1916 dazu erste Forschungsergebnisse veröffentlichte. Die Pollenanalyse untersucht den Blütenstaub. In den Körnern der Pollen befinden sich die männlichen Keimzellen der Pflanzen. Da die Außenhülle als Schutz gegenüber chemischen und mechanischen Faktoren wirkt, bleibt der Pollen bei weitgehender Abwesenheit von Luftsauerstoff (wie beispielsweise in Mooren) erhalten. Aus dem unterschiedlichen Massenvorkommen einzelner Pollenarten sind uns daher Schlussfolgerungen möglich.
Kiefernforst in Stepenitz
Die Wiedereinwanderung der Birken und Kiefern erfolgte aus den Rückzugsräumen des Mittelmeergebiets über die Burgundische Pforte westlich der Alpen, sowie östlich um die Alpen herum. Samen und Früchte wurden durch den Wind, Säugetiere (Anhaften im Fell) und Vögel (Transport im Magen, Kotausscheidung) verstreut. Noch heute spricht der Forstmann bei der Eiche von einer „Hähersaat“, also der Verbreitung durch den Eichelhäher. Dass die Alpen die Wiedereinwanderung erheblich behinderten, führte dazu, dass viele, vor den Eiszeiten in Deutschland vorkommende Arten, nicht aufs Neue heimisch werden konnten, zum Beispiel Magnolie, Esskastanie und Mammutbaum.
Dominierten am Anfang Birken und Kiefern, so kam es bald zu einer starken Zunahme der Hasel, sie breitete sich in den sehr lichten Kiefernwäldern im Unterwuchs immer mehr aus („Haselzeit“). Die aktuelle Annahme ist, dass der Steinzeitmensch die Ausbreitung stark gefördert hatte, indem er die Hasel gezielt anpflanzte oder Lager von Haselnüssen anlegte (auch bekannt bei Eichhörnchen). Neben der Haselnuss kamen mit der Ulme, der Eiche und der Linde drei wärmeliebendere Baumarten auf. Durch fortschreitende Boden- und Humusentwicklung rückten die Eichenwaldgesellschaften mit ihren charakteristischen Mischbaumarten wie Ulme, Hainbuche, Linde, Esche, Ahorn vor. Zusätzlich kamen Buchen, Fichten und Tannen. Tanne und Fichte bleiben unter natürlichen Bedingungen auf die Südhälfte Deutschland (Hochlagen) beschränkt.
Bis vor circa 4500 Jahren waren in unseren Breiten die Eichen die häufigste Baumart. Dann änderte sich das Klima – die niedrigeren Temperaturen und höheren Niederschläge kamen der Buche zugute. Seit etwa 800 v. Chr. spricht man deshalb von der „Buchenzeit“ in Mitteleuropa. Heute ist die Buche mit einem Anteil von knapp 20% an der Waldfläche der Bundesrepublik Deutschland nicht nur die wichtigste Laubholzart, sondern auch eines unserer bedeutendsten Nutzhölzer. Kein Wunder, dass man sie deshalb auch die „Königin der Laubbäume“ nennt. Die Dominanz der Buche ist wahrscheinlich stark durch die menschliche Tätigkeit bedingt. Man ist heute der Ansicht, dass Ackerflächen auf ehemaligen Lindenwäldern errichtet wurden, weil diese leichter zu fällen war und die Linde auf besseren Böden als die Eiche wächst. Die Buche siedelte sich dann später auf den aufgegebenen Ackerflächen an, weil sie von sich aus eine große Konkurrenzstärke besitzt.
Dies ist das zweite Beispiel, dass der Mensch die Zusammensetzung der Baumarten des entstandenen Waldes beeinflusst hat. In neuerer Zeit kommen aufgrund von massiven Aufforstungen die Fichte und die Kiefer auch in natürlichen Buchen- oder Eichenstandorten zum Einsatz. In Abhängigkeit von der Nutzung durch den Menschen hat sich der Wald verändert.
Die Nutzung durch den Menschen hat auch negative Auswirkungen hervorgerufen. Die Folge war eine Übernutzung und teilweise Devastierung (Entwertung/Zerstörung) der vorhandenen Wälder. Um Abhilfe zu schaffen, wurde eine geregelte Forstwirtschaft entwickelt. Ziel war es, eine nachhaltige und vorratspflegliche Waldnutzung zu entwickeln. Die organisierte Forstverwaltung begann im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin mit dem Datum des 29. April 1706, als die „forst- und Holtz-, auch Jagd- und Wild-Ordnung“ erlassen wurde.
Die zugrundeliegende sowie weiterführende Literatur und andere Quellen können gern beim Autor angefragt werden. (botaniktrommel@posteo.de)
René Schwettge, Lehnitz
das matchboxauto
Ich wohne d, nicht wd und schon gar nicht jwd; an den nordöstlichen Ausläufen Berlins. Brandenburg, Kiefernwälder, Sandboden, den Wald vor der Tür. Menschenbegangen, forststraßendurchzogen.
Die Begleiterin auf meinen Gängen ist die 16 jährige Emma (liebevoll Emmurke oder Emmo). Ist klein, hat noch 3 Zähne und ist bis auf ein fingerbreit über der Nase blind. Ein grau-brauner Jack Russel Misch sagen die einen, die anderen sprechen davon, dass Ameisenbär, Ratte, ein ganz klein wenig Wolf und eine Gurke im Spiel waren. Dennoch gut zu Fuß und mit der Nase.
Gestern – 1 Matchbox macht noch keinen Frühling:
Auf dem üblichen Weg durchs Monokulturgehölz, trüber Himmel, feuchtkalt, später Nachmittag. Es dunkelgraut schon. Der Winter erscheint mir bereits zu lang, obwohl es erst Anfang Februar ist. Ich sehne mich nach grün. Da leuchtet in einiger Entfernung, an einer krümmlichen Birke etwas auffällig hellgrün. Freude. Obgleich mir unklar ist, was da grünen sollte.
Es ist ein Ford Mustang im Miniaturformat. Verpackt, unversehrt, wahrscheinlich als Geschenk an spaziergangsfrustrierte Kinder gedacht. Freut mich anders und weiter. Hoffe bloß, dass die Finder die Verpackung nicht dem Waldboden überlassen.
Heute – Winter is back for good:
Vormittag, wolkig, frisch. Emma trägt rot-weiß. Für Temperaturen unter 0, ist ihr Fell nicht mehr genug. Wir stolpern über leicht beschneite Trampelpfade. Die quergelegten Baumstämme (gegen die Motorcrossbenutzung) dienen uns als Trainigsgeräte. Ich platziere kleine, weiche Snäcks und Emma muss sie suchen. Sie kennt ihre Wunderbäume und ihr sonst ziemlich langsamer Schlurf, wird zum Trab, sogar Sprint. Sehr selten, dass sie nicht jedes Krümchen findet.
Ich sammle scheinbar unvermeidliche Verpackungsmüllreste der Spaziergänger; soviel in die Taschen passt. Weiter weg von der Straße, unbegangene Pfade. An ihren Rändern Wildspuren. Es gibt einiges zu wittern. Still ists. Naja, im 20 Minutentakt rauscht ne S Bahn vorbei.
Morgen – wirds kalt:
Aufklaren solls. Es wird knirschen und glitzern. Der Atem wird sichtbar und 1 Sonne scheint aufs Gebälk. Ich denke, ich back n Apfelkuchen. Gute Aussichten.
Christoph Sanders, Thalheim
Schneefreier Abend, aber die Polarluft hat sich deutlich bemerkbar gemacht: kalt und feucht, ich dachte schon an Krankheit. Dennoch stimmten die Drosseln in den Wäldern ihre Balzlieder an. Ich habe versucht, den singenden Vogel zu finden - es gelingt nicht. Man müsste eine Viertelstunde mit dem Glas vollkommen ruhig alles absuchen. Vielleicht schaff ichs mal.
Die sehr nuancierten Farbverläufe der Mischwälder. Erle, Weide und Hasel mit recht farbähnlichen Kätzchen gesegnet. Windbefruchtung. Das Rad war an den Bremskörpern und Pedalarmen vom Ausflug zum Hoherodskopf noch bräunlich mit Blütenstaub überzogen. Wenn der Ahorn blüht, sind es dann hellgrüne Spuren.
Eine Kiste Bücher und Schallplatten in die Verschenktelefonzelle gebracht. Das L vom LionsClub prangt auf der Glastüre. Von dort eine wirklich schöne "Rot und Schwarz"-Ausgabe für die Älteste mitgenommen - jeder sollte dieses Buch einmal in seinem Leben gelesen haben. Dann im Billigladen Toni Morrisons "Jazz" gefunden- ich kann es kaum erwarten, damit zu Bett zu gehen. Der Trödler leidet, unseren Einzelhändlern steht das Wasser bis zum Hals - die Nebenkosten steigen, die Umsätze sinken, viele Kunden laufen mit Smartphones durchs Regal und vergleichen Preise. Willkommen im Jahr 2025.
Die Weltgegenwart braust gerade über Europa hinweg - man merkt das an der Disproportionalität der Themen. Die Aufregungsschwelle ist dabei fast schon provinziell, so als würde man sich am Berliner Alexanderplatz über eine achtlos weggeworfene Plastiktüte streiten und sie zur Existenzfrage machen. Bitte mit der Schulter zucken.
Im CD-Player eine wunderbare Aufnahme von Robert Schumanns "Carnaval" mit dem georgisch-russischen Pianisten Nikita Magaloff aus dem Jahr 1954. Die Romantik entwickelte in der Musik freie Ideen, spielt aus und parodiert bereits. Schumann versucht sich mit Stücken wie "Papillons" und den "Davidsbündlertänzen" an Zyklen und Stimmungsbildern. Uns kommt das heute normal vor, aber zu seiner Zeit war das der große Durchbruch in eine neue Welt.
Susanne Kasperowski, Gadebusch
Außenkamera Garten, 01:03:43, 11-02-2025
Helko Reschitzki, Moabit
Nachdem meine Totes-Meer-Lotion eingezogen war, hüllte ich mich flugs in eine Wolke Pitralon und verließ, im Hinterhof durchaus noch beschwingt, das Haus. Die frische Nachtschneedecke war bei minus 2° Celsius und weiterem, leichten Flockenfall inzwischen ungefähr vier Zentimeter hoch. Die eh schon deprimierende Baustelle vor der Tadschikenbotschaft wurde leider nicht vom Weiß in irgendetwas Freundlicheres verwandelt, sondern sah verlorener aus als je zuvor. Frontal des Landesamtes für Gesundheit und Soziales sägten sich ein paar Grünflächenamtsmänner wie im Rausch bös lärmend durch die Kronen der Parkbäume des Kleinen Tiergartens. Egal, was hierzlande auch passieren mag – gesägt wird immer und überall, wahrscheinlich selbst Heiligabend nachmittags um vier, neben einem Kinderheim.
Ich holte aus meinem Biomarkt in der alten Bolle-Meierei Spitzkohl, Äpfel, Mohrrüben und ein Stück Butter sowie milchsauervergorenes Sauerkraut. Vorgestern hatte ich durch einen Nebensatz in einer arte-Doku mitbekommen, dass es zur Zeit eine Art internationalen Kot-Tourismus nach Tansania gibt, da dort Jäger und Sammler leben, deren Mikrobiom noch nicht zivilsatorisch zerstört ist. Denen luchsen Westler nun die Ausscheidungen ab, um sich diese dann per Einlauf in die bakterienverarmten Wohlstandswampen pumpen zu lassen. Ich hatte mich dem Themenkomplex Stuhltransplantation mal vor Jahren sehr intensiv beschäftigt – im gesundheitlichen Extremfall ist so ein Fäkaltransfer eine angebrachte Sache, aber in der degenerierten Form des „Body Resets“ oder der „Suche nach einer natürlichen Lebensweise“ schon ziemlich pervers. Wenn wir wieder eine diverse und intakte Darmbesiedlung bekommen wollen, müssen wir unsere Lebensweise ändern und auf Industriefraß, Zucker und Giftstoffe verzichten und vor allem die Verschreibungspraxis von Antibiotika neu organisieren – ostafrikanischen Sammlerinnen und Jägern die Ausscheidungen abzuschachern, wird auf keinen Fall die Lösung sein … im Gegensatz zum Laktobakterienreservoir Sauerkraut in meinem Einkaufskorb.
Als ich bezahlen wollte, gab es an der Kasse Probleme mit der Elektronik. Während die in aller Ruhe gelöst wurden, unterhielt ich mich mit dem Mitarbeiter über die Vulnerabilität von Gesellschaften, die ihre Dinge zunehmend im Digitalen abwickeln. Als Kind in einer Garnisionsstadt, in der Sowjetstreitkräfte stationiert waren, kenn ich noch deren faszinierendes Abakus-System, mit dem im sogenannten Russenmagazin (einem kleinen Lebensmittelladen) auf der Cчёты, einer ohne Strom funktionierenden Maschine, der Einkauf berechnet wurde. Dabei flogen die von flinken Soldatenfrauenfingern bewegten Holzkugeln so schnell hin und her, dass man kaum mit dem Schauen nachkam. Man sah in diesen Lädchen übrigens oft auch moderne Kassen – die dann aber niemand benutzte. Vorhin im Biomarkt hätten sich meine damaligen Sowjetkassiererinnen bestätigt fühlen können.
Psychologisch nicht ganz uninteressant: Die arktische Kaltluft, die uns gerade den Schnee beschert, wurde in der DDR von den meisten Sibirische Kälte genannt, während im Westen eher die Bezeichnung Russenpeitsche gebräulich war (und dort bis heute verwendet wird).
In der Post eine 8-CD-Box mit byzantinischen und gregorianischen Gesängen: Nervenbalsam. Man kann sagen, dass der Niedergang der Musik exakt in dem Moment einsetzte, als der Mensch begann, mit Instrumenten in Gruppen zu musizieren.
Westberliner Opfer der Russenpeitsche
Christoph Sanders, Thalheim
Bin gerade auf den auf Spuren unseres lokalen Millardärs Friedhelm Loh, der das kleine Familienunternehmen aus dem Diezhölztal zum Weltkonzern für Schaltschränke und IT-Infrastruktur ausbaute. Ein Freier Evangelikaler – da trifft Globalwirtschaft auf Dorfethik. Seine Ferrari-Sammlung im (Obacht!) „Das Nationale Automuseum – The Loh Collection“ gilt als eine der bedeutendsten überhaupt. Es ist ein alter Traum von mir, einmal im 79er Scuderia Ferrari 312 T4durch die Gegend zu fahren. Dafür müsste ich zunächst ins Museum des Bibelfesten eindringen. Was irgendwann geschehen wird.
Mein neuerliches Interesse an Loh wurde durch ein Gespräch am Frühstückstisch ausgelöst: Es findet gerade ein weltweiter Wettlauf zwischen Energieversorgung und Netzausbau statt, KI potentiert das dann nochmals. Hart umkämpft die Gebiete, wo es viel Fläche und wenig Infrastruktur gibt, auch die Loh Group (12.000 Mitarbeiter, 3 Milliarden Euro Jahresumsatz) mischt da immer irgendwie mit. Wenn der Teenie bei ihren Wehwehchen zunächst ChatGPT, dann den Arzt und erst zum Schluss die Eltern fragt, ist klar, wohin die Reise geht.
Von der Hausrunde mit Bahntraining zurück – es ist deutlich was los: Meisen balgen sich in den treibenden Sträuchern, Tauben sichern sich Wipfel, zwei Dohlen besetzen den Kirchturmhahn, Buntspechte hämmern – da ist Leben in den Stämmen! 3-5 Grad Celsius, diesig hellblau und die letzte Hyazinthe setzt zum Sprung auf die Sonne an. Und bis die Kartoffen durch sind: Jean Françaix‘ Kammermusik für Bläser und Streichquartett, eine weitere Perle aus der Bibliothek.
Wenn es unter Wipfeln wippt …
Anna Techte, Krandorf
Stinkende Nieswurz
Ich komme gerade aus der Werkstatt – das schöne Wetter war zu verführerisch. Ums Haus herum blüht es. Ich habe u.a. Winterlinge, Schneeglöckchen, Frühlingskrokus, Christrosen und die Stinkende Nieswurz angesiedelt (die letzten Beiden stammen aus der Familie der Hahnenfußgewächse, Gattung Helleborus). Hoffentlich nehmen die radikal zurückgeschnittenen Schwarzen Johannisbeeren keinen Schaden, keine Ahnung, ob es noch unter -4°C werden. Nun wieder an die Arbeit, auch im Winter ist viel zu tun. Und wenn abends alles erledigt ist, freu ich mich auf mein Bett mit dem Untertan Erde.
WinterlingeSchneerose bzw. ChristroseSchneeglöckchen
Christoph Sanders, Thalheim
Bin über eine Zeitschrift namens „Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben“ gestolpert, innen auf Zeitungspapier gedruckt. Lag im großen Kaufland in Westerburg aus. In dem Magazin geht es um die konkreten Belange der Landwirtschaft, also um GELD. Es sind allerlei Kurse verzeichnet: Schweine, Rinder, Pommeskartoffeln, Eier, Nadel- und Laubholz. Wie an der Börse werden Marktprognosen erstellt, also z.B., welches Holz wohl eher nachgefragt werden wird (Fichten aus dem Siegen-Wittgensteiner Land). Dazu Saat- und Spritztipps und die Ankaufspreise der sechs oder sieben großen Molkereiunternehmen von Hochwald bis Campina.
Es wird nach Fett- und Eiweißgehalt bezahlt; 4,2% Fett muss die angekaufte Milch haben, es gibt zwischen 50 und 60 Cent pro Liter. Das Ironische dabei: es gelingt immer noch, dem Kunden „fettarme“ 1,5%-Milch zum gleichen Preis wie Vollmilch zu verkaufen – ein fast 1:1 verdünntes Produkt. Fand ich alles hochinteressant und einen ganzen Kosmos von Lifestyle-Publikumsmagneten wie „Landlust“ entfernt. Es wird völlig klar, welche Sorgen den Landwirt plagen – er geht Jahr für Jahr ins Risiko der Missernte, der Fehlkalkulation, der schwankenden Nachfrage. Am Ende entscheidet das Kassenband.
Der Beitrag „Führerschein als Luxusgut?“ auch sehr gut. Hier bei uns fängt die Jugend mit dem Mopedführerschein an, damit zwei Jahre später die Versicherungsprämie für das Auto nicht ganz so abartig ausfällt. Das politische Nullthema Busse und Bahnen auf dem Lande sorgt für eine Zwangsspirale, die meist in einem Verbrenner endet. Die erfolgreiche Unterdrückung von Abo- und Leasingkonzepten führerscheinfreier Autos (z.B. 45 km/h-Stromer), wie sie vor ein paar Jahren in Frankreich eingeführt wurden, treibt unsere Jugendlichen notgedrungen schnell zum eigenen PKW. Ich hatte mich damals sehr für diese Alternativmodelle interessiert, die dann aber urplötzlich von der Bildfläche verschwanden – angeblich gab es Probleme mit der „Zulassung“ in Allemagne, während die in France doch liefen … Ein 20jähriger im Ballungsraum kann solche elementaren Sorgen des Alltags relativ locker mit einer „Grünen Fahrkarte“ umgehen, sein Altersgenosse auf dem Land nicht. Soviel zur „Mobilität für alle“.
Wird nie in der „Landlust“ auftauschen: Unser Holzverwerter.
Der Wind heute auf West, der Vorfrühling ist nun eingeläutet – mal sehen, was morgen die Schneeglöckchen machen. Zum Abendbrot gab es Chicorrée mit etwas Fenchel, einer Tomate, Walnüssen und Feigensenfdressing, danach schaute ich mit unserer Teenie-Tochter einen riesigen Anatomieatlas an und mit dem Sohn später ein wenig Champions League(Stade Brest – PSG und Manchester City – Real).
Kai-Michael Reschitzki, Lüneburg
Bierbrauen. Teil V
Der Druck steigt, es bildet sich Kohlensäure. Das Bier wird prickeln.
(siehe Blogeintrag vom 27/01, 29/01, 09/02 und 10/02/2025)
Helko Reschitzki, Moabit
Heute um die null Grad Celsius bei klarer Luft. Die Knallerbsen an den kahlen Schneebeerensträuchern im Volkspark Wilmersdorf, wo ich im „Haus der Nachbarschaft“ Tischtennis spiele, bilden im strahlenden Sonnenschein einen scharfen, schönen Kontrast.
Im Musik-Verschenkregal gefunden: Brahms „Weltliche Gesänge“ – der Rundfunkchor Leipzig mit der Harfenistin Margarethe Kluvetasch und den Hornisten Waldemar Markus und Günther Opitz unter der Leitung von Horst Neumann, aufgenommen im Juni 1974 im Studio Versöhnungskirche Leipzig für Eterna. Vertonungen von Texten von Paul Heyse, Wilhelm Müller, Klaus Groth, Clemens Brentano, Joseph von Eichendorff, Jürgen Wenzig, Friedrich Rückert, Max Kalbeck und Friedrich Ruperti. Großartig! Luftig und leicht, jedoch nicht bemüht volkschorlocker, aber auch nicht verkrampft um DIE GROSSE KUNST bemüht. Darin waren die Leipziger ja immer wieder gut. Das wird der perfekte Soundtrack für all das Kommende – Brahmslieder pfeifend werden wir den Bärlauch pflücken, die Brombeeren und Birnen …
Plattenhüllengestaltung: Utz Müller
Waldesnacht, du wunderkühle / Die ich tausend Male grüß‘ Nach dem lauten Weltgewühle / O wie ist dein Rauschen süß! Träumerisch die müden Glieder / Berg‘ ich weich ins Moos, Und mir ist, als würd‘ ich wieder / All der irren Qualen los.
Paul Heyse, 1850
Christoph Sanders, Thalheim
Nachmittags mit dem Holzverarbeiter gesprochen: Die vergangene Woche bei uns verladenen Buchen sind für die USA und VR China bestimmt. Daraus entstehen dann Möbel, die Amerikaner importieren zudem viel Langholz für den Häuserbau. Die bereits hier vor Ort abgeschälten Stämme werden in Belgien begast und kommen in Antwerpen auf die Schiffe. Die Gasbeflutung fand früher in den Containern selbst statt: Kartusche rein, verriegeln, kein Absaugen oder Filtern nach Öffnung, was inzwischen wegen der äußerst gefährlichen Giftstoffe an zertifizierte Betriebe ausgelagert wurde. Über die Treibhausemissionen und andere Umweltschädigungen spricht man dabei nicht so gern. Allerdings gehen gerade aktuell Gerüchte über ein Komplettverbot um, womit das unverzichtbare Überseegeschäft ausfallen würde … Danach sprachen wir über die sinnvollen und langlebigen Anwendungen von Holz im Alltag – die Frage, ob Schuhlöffel aus Metall sein müssen.
Später habe ich unsere Apfelbäume beschnitten: Alle Dornen raus und einen weiteren Parasiten beseitigt, der schlank neben der Krone emporwuchs. So nicht! Erste Balzflüge gesichtet, vermutlich Finken. Die große Uhr lässt sich nicht beirren. Der Storch ist in der Wetterau inzwischen Standvogel. Mit der Serenade von Josef Suk wird nun langsam die Abendstimmung eingefangen.
Von Hessen über Belgien nach China
Kai-Michael Reschitzki, Lüneburg
Bierbrauen, Teil IV
Tag 11. Es tut sich was!
(siehe Blogeintrag vom 27/01 und 29/01 sowie 09/02/2025)
Lore Morr, Parchim
Klingeli! In der Cordesiusstraße bei mir um die Ecke hab ich in einem der Vorgärten die ersten Schneeglöckchen dieses Winters entdeckt. Meine Finger waren so kalt, dass ich beinahe kein Foto von ihnen machen konnte.
Christoph Sanders, Thalheim
Morgens um sechs ist die A3 dreispurig voll, im Dunkel bewegen sich die Arbeitstrupps, die freien Bürger und die Freizeitbürger mit den Skikoffern ununterbrochen weiter. Am Airport FRA herrscht Hochbetrieb. Energie jeder Form wird verheizt. Abends um acht, das gleiche Bild. Wie ein Skispringer breitet die startende Boeing über mir die Flügel aus, die Positionslichter der Landeanflieger verfolgen mich noch lange, die Lichthupen der Shopper, Eventbürger und Urlaubsheimkehrer begleiten mich.
Uns schwant, dass die Ressourcen für die aktuellen Formen von Luxus nicht für alle reichen werden oder aber ein planetarischer Preis dafür zu zahlen ist, Kriege und Nöte inbegriffen. Wir ahnen es sogar hier auf dem Kontinient: Sauberes Trinkwasser, gute Luft, guter Schlaf und Zeit werden auf einmal rare Dinge. Die reelle Knappheit der Basisgüter bestimmt bald, was Luxus ist. Unsere Bundesbauministerin im Radio: Man solle bitte berücksichtigen, sozialen Wohnungsbau auch altersgerecht, das heißt barrierefrei, zu gestalten, denn es würden doch demnächst viele sozial bedürftige Rentner um Wohnungen anstehen. Hätte ich mal mein Studium der Nationalökonomie ernsthafter betrieben, statt auf die primitive Betriebswirtschaftslehre zu setzen.
Der Morgen erzeugt ein zartes Blau mit einer hohen Wolkendecke und Temperaturen um die null Grad. Die Bilder und Ortschaften der Fahrt vom Samstag sickern immer noch nach. Mit dem Rad begreift man Distanzen ganz anders, was sehr deutlich wird, wenn es durch die dünn besiedelte Ostseite des Vogelsbergs geht. Ein Dorfladen ist dort ein infrastruktureller Glücksfall. Die Ackerstücke, meist Weiden, sind riesig. Anders als zwischen Marburg und dem Westerwald sieht man kaum Pferdehöfe oder üppige Reithallen. Es ist Agrarland in Erwartung des Frühlings. Es ist Hinterland, das einst fest im Griff des Bischofs von Fulda war – mit stattlichem Schloss in Stockhausen. Ab 1949 nannte man so etwas strukturkonservativ. Bei unserer Tour große Stille auf den Feldern und in den Dörfern. Selten ein Gasthof, selten Menschen. Keine Dönerläden oder „italienische“ Pizza. Der Vulkanradweg ist die umgewidmete Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Fulda – im Sommer soll hier ein munteres Treiben sein.
Helko Reschitzki, Moabit
Sonntagsspaziergang. Treffe im Kleinen Tiergarten eine Nachbarin, die mit ihren beiden Enkelinnen unterwegs ist. Sie berichtet, dass sie vorgestern im Volkspark Friedrichshain die ersten aufgegangenen Schneeglöckchen gesichtet hat, daneben viele Winterlinge. Bei uns in Moabit noch nüscht dergleichen. Aber eine wärmende Sonne und ein blauer Himmel! Nette Verabschiedung. Und weiter. Im Großen Tiergarten sitzt ein Graureiher auf einem Ast und blickt über seinen Tümpelrand. Im Neuen See entdecke ich zwischen Stockenten und Blässhühnern erstmalig eine Mandarinente – die kenne ich bislang nur vom Schlachtensee und neuerdings vom Spreeufer neben dem Schloss Bellevue. Willkommen! Im Café am Bootsverleih bollern die Holzöfen und Eisstöcke und bei einigen der Schützen wohl auch ein paar Tassen Glühwein durch die Blutbahn – Volksvergnügen wie vor einhundert Jahren. Am Landwehrkanal gehen Grüße an Rosa und Karl raus. Unter der S-Bahnbrücke wird hinter den Pennplätzen der Obdachlosen ein „Fairbruary“ beworben. An der Suppenausgabe der Bahnhofsmission Zoo sehe ich in zwanzig Sekunden mehr kaputte Venen als ein Phlebologe im Quartal. Aus einem Ghettoblaster kommt ein 90er-Jahre-Eurodiscohit, ein paar Süchtige brummeln mit, zwei schreien und fangen plötzlich zu schluchzen an.
In der Hardenbergstraße schaue ich mir in der C/O-Galerie im Amerika-Haus die Ausstellung „A world in common – Contemporary African Photography“ an – viele gute Serien dabei: Mário Macilaus „The Profit Corner“ mit Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen, die auf einer Mülldeponie in Maputo, der Hauptstadt Mosambiks, um ihr Überleben schuften; Edson Chagas‘ Maskenportraits; Khadija Sayes Selbstbildnisse; Lebohang Kganyes Bilder in „Her-Story“, auf denen sie sich in die Fotografien ihrer verstorbenen Mutter montiert und in derselben Kleidung dieselben Posen macht, um nicht deren Gesten zu vergessen, was ich sehr anrührend finde.
Dann zurück – mit Abstecher zum Flohmarkt auf der Straße des 17. Juni, der nun allmählich wie fast alle Flohmärkte Opfer der digitalen Marketplaces wird: kaum Menschen dort. Beim Weggehen erspähe ich in den Kisten eines resigniert zusammenpackenden alten Türken zwei Zigarettenbilderalben von 1937: „Aus Wald und Flur“ – einmal die Ausgabe mit den Tieren und einmal die mit den Pflanzen, beide vollständig für jeweils nen Fünfer, da handele ich nicht einmal mehr. Zuhause kann ich damit meine Frakturlesefertigkeiten neu beleben. Dazu ein frischer Wermutkraut-Chun-Mee-Aufguss, Käsestullen und die famose Nyahbingi-Box von Trojan Records. Weiter im Tagwerk.
Frank Schott, Leipzig
Wie bereitet man sich auf einen Halbmarathon vor? Ganz sicher gibt es Bücher. Und vermutlich Tutorials im Internet. Mit Laufplänen und Trainingsprogrammen. Voller kluger Tipps.
Ich bin einfach losgelaufen.
Seit ich vor fast zwei Jahren einen schweren Fahrradunfall hatte, habe ich nach der Physio verstärkt mit dem Joggen angefangen. Und weil das gut ging, wurden die Strecken länger. Und die Zeiten besser. Dann fragte mich ein Freund, ob ich nicht einmal einen Halbmarathon laufen wolle. Ich sagte, nee - das wären ja zwei Stunden. Aber am Sonnabend dachte mir, ich probier's doch. Ich fühle mich fit. Ich bin schon Strecken über zehn Kilometer gelaufen. Ich bin auch schon für zwei oder drei Stunden mit dem Rennrad unterwegs gewesen. Also tu's.
Was ist die größte Herausforderung, wenn man einen Halbmarathon laufen will? Abgesehen von den üblichen Dingen wie Kondition und ausreichend aufgenommene Kalorien? Die Strecke! Wo findet man diese ominösen 21,1 Kilometer langen Strecken, wenn man nicht zufällig ein Laufevent mitmacht?
Wie gesagt, ich bin einfach losgelaufen. Spontan. Wenn ich laufe, dann laufe ich eigentlich ohne großen Plan los. Hier kam mir aber der Halbmarathon in den Sinn - und somit die 21,1 Kilometer. Ich müsste so lange rennen, bis die Länge passt.
Der Startpunkt am Auwald ist der gleiche wie vor einer Woche. Raus zum Cospudener See, einmal um den See herum, dieselbe Strecke zurück. Mal sehen, was dann der Tracker sagt.
Die erste Stunde ist phänomenal. Temperaturen um null Grad. Eine schräg stehende Wintersonne. Sehr wenige Menschen unterwegs. Ein paar Einzelgänger mit Hund. Zwei ältere Damen auf ihrem Morgenspaziergang. Vereinzelt Radfahrer.
Bis zur Bistumshöhe, genau genommen bis unmittelbar vor dem Abzweig, brauche ich etwa 45 Minuten. Die Anhöhe liegt zwischen dem Cospudener und dem Zwenkauer See. Sie ist 131 Meter hoch und wird von einem Aussichtsturm gekrönt. Ich sehe den Turm zunächst als Schemen gegen die tiefstehende Sonne und dann, als ich vorbei bin und mich umdrehe, leuchtend im Sonnenlicht. Möwen kreischen, eine Krähe kräht, Spatzen zanken, ein Hund bellt. Im nahegelegenen Gehege haben es sich Alpakas gemütlich gemacht und kauen kauernd vor sich hin.
Der 35 Meter hohe Turm
Unglaubliches Licht. Der Zöbigker Hafen leuchtet wie eine Fata Morgana am Horizont. Inzwischen bin ich weit über eine Stunde unterwegs, stehe aber laut Tracker erst bei 14 Kilometern. Fehlen noch 7,1.
Ich habe mittlerweile Markkleeberg hinter mir gelassen. Stand: 17 Kilometer. Der direkte Weg mit einem kleinen Abstecher durch den Wildpark ist definitiv zu kurz. Also laufe ich einen Schlenker, den Floßgraben und die Pleiße entlang zum Probsteisteg. 19,4 Kilometer. Die restliche Strecke zum Ausgangspunkt sind vielleicht drei- oder vierhundert Meter. Noch zu wenig. Da hilft nur eine Extrarunde am anderen Ufer der Pleiße, über einen Waldweg, der bei Hochwasser als Damm dient, zur Neuen Linie. Ein Mann steht im Wald. Um ihn herum Kinder, die auf umgestürzten Baumstämmen herumklettern. Die Neue Linie. Das asphaltierte Stück. Ich fühle mich gut und überhole zwei Jogger. Noch ein kleines Stück. Punktlandung.
Geschafft! Die App zeigt exakt 21,1 km an. Mein erster Halbmarathon! Und meine Zeit? 1:52:03 h. Nicht übel. Aber was mich am meisten überrascht hat: Der Wald, der See, die Tierstimmen, das Licht, die Farben und die Weite, die Gerüche und die Laute der Natur um mich herum – das Laufen war zwar anstrengend, aber vor allem war es beeindruckend schön.
Morning has broken
Christoph Sanders, Thalheim
Eine zarte, umfassende Morgensonne bei herzerfrischenden minus 3 Grad. Den Hasen macht es nichts aus, den Vögeln auch nicht, das Frage- und Antwortspiel der Reviere beginnt lauter zu klingen.
Gestern mit der Frankfurter Radgruppe auf 200-Kilometer-Fahrt zum Hoherodskopf, dem Kulminantionspunkt vom Vogelsbergmassiv im Naturpark der alten Vulkanregion. Dieser Kopf wird gekrönt von einem 144 Meter hohen Fernmeldeturm, dessen Beton inzwischen reichlich schimmelig aussieht. Gegen Eissschlag ist ein gewaltige Stahlnetz über den Wald gespannt. Frankfurt in den Pastelltönen des Samstagmorgens und nahezu ohne Verkehr – ein fast poetischer Anblick. Unsere Tour führt an den Lebensorten von Guntram Vesper und René Pollesch vorbei, den wir in Sichtweite seiner Geburtsstadt Dorheim lautstark lobpreisen. Rast im Supermarkt in Lauterbach. Einem der Radfreunde und mir fallen die vielen älteren Leute auf, die sich so seltsam roboterhaft bewegen – Demente. Der schwalmtaler Bäcker bedruckt die Papierservietten noch in Sütterlin. Ein Mitfahrer berichtet von seiner Tour durch Kirgistan – die Talsohle liegt dort bei 800 Metern, in der Höhe sorgte die UV-Strahlung dafür, dass die Solarzellen am Navigationsgerät unentleerbar wurden. Das konnte uns glücklicherweise nicht passieren. Eine rundum gelungene Fahrt von Sonnenaufgang bis nach Sonnenuntergang. Wie eindrucksvoll das Hinterland in seiner absoluten Stille ist.
Die gestrigen Bilder laufen immer noch durch meinen Kopf und der davon über, das ist nicht nur normal, das ist auch das Schöne an diesen Ausflügen. Auch wenn ich mich körperlich völlig verzehrt habe: Es hat sich gelohnt.
Mittags ein langsamer Übergang zur beliebten Familienbolognese – es wurde sich Nachschlag geholt. Die Hasen wiederum bevorzugten ihr kohlehydratiges Trockenfutter, bevor sie zu Möhren und Salat übergingen. Nach Frostbeginn steigt die Temperatur allmählich. Auf einen kristallenen Tag folgt ein diesig parfümierter, alle Konturen verschwimmen. Die Erde riecht bei plus 4 Grad wieder. Nun Antonín Dvořáks Violinkonzert mit Josef Suk. Der Glaube ans große Gefühl.
Anna Techte, Krandorf
Am Freitag haben ein Freund und ich dabei geholfen, eine wegen Baumaßnahmen frisch gefällte, ungefähr fünfzigjährige, Magnolie wegzuräumen. Das war sowohl schrecklich, als auch faszinierend für mich. Als ob das Drama unserer Zeit sich wieder mal ganz direkt zu mir gesellt hat.
Der Fäller, ein fünfzigjähriger, gutgelaunter Mann, kletterte mit einer Behändigkeit, die mich sofort fröhlich machte, ohne Hilfsmittel den Stamm hoch, schmiss oben die Motorkettensäge an (wobei sein Ast beachtlich schwankte) und sägte Ast für Ast den Baum herunter, bis alles weg war. Das dauerte keine Stunde. Ganz kundig gelang es ihm in unglaublicher Geschwindigkeit zu erfassen, wie er es anstellen muss, dass keiner der Äste in die Fenster des zweistöckigen Hauses fällt oder Dachrinne und Zaun zerschlägt. Wir räumten die Äste und Stammenden weg und bargen alles bis zu halber Unterarmstärke als Brennholz für meine Öfen – ein halbes Jahrhundert Wachstum in einem Auto mit Hänger. Davon habe ich ungefähr zwei Wochen eine warme Werkstatt und Küche, die ja auch mein Wohnzimmer und Büro ist.
Bevor der Kletterer den riesigen Haufen in klitzekleine Stücke sägte, versuchte ich, viele der voller Blüten- und Blattknospen sitzenden Zweige zu bergen und an Passanten zu verschenken – manche waren ganz scharf drauf, andere lehnten ab. Die frisch gesägten Holzstückchen stopften wir in drei Bigpacks, der große Sack passte noch auf meinen Hänger, die beiden kleinen nahm der Fäller in seinem Lieferauto für die Biotonnen im Kleingartenverein mit. Ich werde damit Lagerfeuer machen.
Bei der ganzen Aktion ließ es ich kaum verhindern, auf unzählige Schneeglöckchen, die den nahenden Frühling einläuteten, zu treten.
Das Fällen war schon lange eine beschlossene Sache gewesen, für 300€ hätte das eine Firma erledigt. Wir haben das dann lieber privat organisiert und auf Bezahlung verzichtet. Da der Hausbesitzer, auf dessen Grundstück die Magnolie stand, weiß, dass ich oft etwas gebrauchen kann, was sonst ENTSORGT werden würde, sagte er mir rechtzeitig bescheid. Mein Motiv war, die dicken Stammenden zu bekommen, um daraus etwas zu bauen, wenn das Holz trocken ist.
Als die Baumreste auf dem Hof verstaut waren, nahm ich im Wasser meines holzbebefeuerten Ofens ein Bad, das verwöhnt die Knochen des an die körperliche Arbeit gewöhnten Körpers. Danach habe ich tief und alptraumlos geschlafen.
Kai Michael Reschitzki, Lüneburg
Bierbrauen, Teil III
Nach 10 Tagen erneute Platomessung. Ergebnis: 4. Prima.
Finale Flaschendesinfektion.
Karbonisierung mit Haushaltszucker – dadurch entsteht die Kohlensäure im Bier.
Und rein in die Flasche.
Aus dem Gärtank abfüllen.
Die Flaschen verschließen und nun vier Wochen warten – die Kaltreifung beginnt.
Zur Information und Sicherheit noch einen Druckmesser auf einer der Flaschen anbringen.
(siehe Blogeintrag vom 27/01 und 29/01/2025)
Christoph Sanders, Thalheim
Kurz nach 11 Uhr auf dem Rad den Berg hinauf, Besorgungen für die hungrige Mittagsbande machen. Auf einer Nebenstraße beobachte ich Rückbezüge, die abgeschälte Buchenstämme in holländisch-belgische Sattelschlepper mit Containerauflieger verladen. Drei Stunden später sind die Stämme im Hafen von Antwerpen, von dort geht es in die große weite Welt. Für mich heute nur die kurze Runde, morgen steht ein 200-km-Ausflug zum Hoherodskopf an, das ist der Gipfel des Vogelsbergmassivs, nordöstlich von Frankfurt. Windig und grau bei böigem Ostwind. Die Weiden bilden erste Kätzchen.
Toni Morrison zuende gelesen, war gepackt. Wunderbar, wie die Naturwahrnehmung der indigenen Kinder beschrieben wird, als sie dem Herrn und der Herrin beibringen, Feldfrüchte zu bestellen. Immer wieder Kräutermixturen, mit denen Geister aus dem Leib vertrieben werden, magische Kiesel unter Kopfkissen, Gebete und Beschwörungen. Wenn man so will, begegnen sich Morrison und unser „Kohlrabi-Apostel“ Diefenbach am Ende bei den indianisch/afrikanischen Wald- und Tiergeistern, den alten Naturreligionen. Wie gut von Morrison die Innensichten der Figuren vermittelt werden, die grausame, elementare Welt, von der wir keinerlei Vorstellung mehr haben. Wir nehmen alles als gegeben hin – drücke ich auf einen Knopf, geht das Licht an, das Wasser kommt heiß aus der Leitung.
Zwischendurch weiter im Oktett von Mendelssohn – ein großartiges Stück, so viel Verve! Beim mehrfachen Durchhören fällt auf, wie gut das komponiert ist. Nur brauchst du für die Aufführung dann auch Menschen, die das ein Leben lang trainieren und praktizieren. Also Übung – und eine Zivilisation, die das möglich macht
Nun noch die Ausrüstung für morgen sortieren, letzte Anweisungen an die Kindschaft. Vor dem Einschlafen die nächste Perle aus der Büchertelefonzelle: „Mord am großen Fluss“ – Peter Scholl-Latours Afrika-Reportagen von 1959-85.
Helko Reschitzki, Moabit
Mittagsrunde durch den Großen Tiergarten, Ziel ist die LeihSämerei in der Bibliothek Tiergarten-Süd. Dort angekommen, stelle ich fest, dass deren Raum leer ist, ein Bibliotheksangestellter klärt auf: Das Projekt ist zwei Häuser weiter gezogen, in das „Kiez-Zentrum Villa Lützow“, gleich hinterm Gemeinschaftsgarten in der Lützowstraße, von wo auch ursprünglich die Idee der LeihSämerei ausging. Alles klar, Danke! Also gehts zwei Häuser weiter – mit kleinem Schlenker zum Garten, in dem ich schon so manch gute Stunde verbrachte. Alles noch so kräutervoll und wildbewachsen wie immer, in den Büschen toben die Vögel. Herrlich!
Das Prinzip der LeihSämerei ist sehr einfach: Man „leiht“ sich von anderen gespendete Samen aus, d.h. man füllt, was man braucht in Tüten, sät das dann irgendwo aus und gibt später etwas vom selbst gesammelten Samen zurück. Die Spenden werden so beschriftet, dass alle wissen, was sich ihnen befindet (Botanischer Name, Ernte- und Aussaatzeit, Herkunft …) Wer nur Saaatgut mitnehmen möchte, kann ebenso mitmachen, alles ist anonym – eine Art Tauschbörse, die ohne Direktkontakt funktioniert, wobei es aber auch persönliche Treffen bei gemeinsamen Aktionen und Klönschnacks gibt.
Wie ich zu meiner großen Freude feststelle, ist die Botanik/Garten/Saatgut-Buchsammlung mit zum neuen Platz gewandert, so dass wir weiterhin eine schöne Auswahl an Fachliteratur zum Nachschlagen und Schmökern vor Ort haben.
Nachdem ich mir ein paar Samensorten abgefüllt hatte, ging es dann zur Potsdamer Straße weiter, wo ich aus einem der Büchertrödel die Erinnerungen der Bäuerin Lena Grigoleit (1910-1995) aus Preußisch Litauen mitnahm; in einer moabiter Verschenkkiste fand ich später noch Gerhard Leibolds „Kräuterapotheke“ und „Die Natur hat immer recht“ von Maurice Mességué, Heilkundler und Öko-Bürgermeister der südfranzösischen Gemeinde Fleurance in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Gutes Saatgut und Lesefutter, was will man mehr.
Der Gemeinschaftsgarten „wachsenlassen“
Solcherart Saatgut-Tauschorte finden sich übrigens im ganzen Land (auch aufem Dörp) – in Bibliotheken, Stadtteilzentren, auf Bio-Höfen, bei Ökoinitiativen, in Kleingartenvereinen usw. Eine feine Sache – ich hole seit Jahren meine samenfesten Sorten aus Tiergarten-Süd.
Frank Schott, Leipzig
+++ Affenentführung in Leipzig – eine Zusammenfassung +++
4. April 2024. Ein Jogger entdeckt im Leipziger Stadtteil Reudnitz in einem Baum einen Affen. Wie sich herausstellt, handelt es sich um die seit Ostersonntag vermisste Bartaffendame Ruma. Wie konnte die Äffin den Wassergraben überwinden und sich unbemerkt in den drei Kilometer entfernten Stadtteil Reudnitz durchschlagen? Fragen über Fragen.
5. Dezember 2024. Was kostet eigentlich ein Affe? So ein Bartaffe wie Ruma dürfte um die 5.000 Euro wert sein, schätzen Experten.
Wegen schwerer Raubdelikte, Einbrüche und Autodiebstähle sitzen seit Juni 2024 drei Männer in Chemnitz in U-Haft, zuständig ist das dortige Amtsgericht. Bei der Überprüfung der Smartphones werden Aufnahmen gefunden, die das Trio mit dem Affenweibchen zeigt. Der Fall wird nun wegen des zu erwartenden hohen Strafmaßes an die nächsthöhere Instanz, das Landesgericht Chemnitz, verwiesen. Warum klaut jemand überhaupt einen Affen? Fragen über Fragen.
3. Februar 2025. Erster Prozesstag am Landgericht Chemnitz. Jetzt gibt es endlich Antworten. Die drei jungen Männer haben in der Nacht mit einer Leiter den Wassergraben überwunden und wollten einen Affen mitnehmen. Pech für Ruma. Im Auto filmten sich die drei mit der Primatin. Ihre Idee: Sie wollten lustige Selfies machen und Videos mit einem Affen drehen. Das klang irgendwie cool.
Ruma spielte nicht mit. Auf den Videos ist zu hören, wie sich die Entführer beschweren, dass das Tier so eine Spaßbremse sei. Und so brachten sie die Äffin in eine Garagenanlage nach Chemnitz. Nur was soll man mit einem missgelaunten Affen in der Garage? Man entschied, das Tier wieder loszuwerden, fuhr es zurück nach Leipzig und setzte es im besagten Park aus. Dort wurde Ruma, die in der Zwischenzeit zur Fahndung ausgeschrieben wurde, dann von dem Jogger gefunden.
Und die Moral von der Geschicht‘? Affendiebstahl lohnt sich nicht.
Übrigens auch nicht für Ruma. Sie wurde mittlerweile an den Zoo der bulgarische Hauptstadt Sofia abgegeben. Obwohl – immer noch besser als eine Garage in Chemnitz, oder?
Christoph Sanders, Thalheim
Angenehm mildes Morgenlicht. Im Hintergrund piept das Müllauto. Druckreifes DLF-Interview mit einem vernünftig klingenden Politiker, dessen Partei um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss: „Sozialer Friede ist eine Garantie und keine Wohltat.“ Toni Morrison beschreibt packend, was es bedeutet, keine Sicherheit zu kennen. Jeder kann Freund, kann Feind sein. Die Presbyterianer missbilligen die Papisten, die Indianer werden als Heiden, denen das Himmelstor versperrt ist, verachtet, sie alles hassen „die Afrikaner“. Wo so viel und zufällig gestorben wird (Pocken, Fleckfieber), ist das Jenseits mit all seinen Fragen immer nahe. Solche Bücher sind wichtig, auch um das heutige Amerika (Vereinigte Staaten) zu verstehen. Nehme ich einen beliebigen Mittelgewichts-Roman wie z.B. „The 158-Pound Marriage“ von John Updike, so sind das zwar gute Beschreibungen, die sich jedoch nur auf ein winziges Feld beziehen: weiß, urban und akademisch. Da geht es dann um Kaufentscheidungen, um Optionen und die Unfähigkeit, damit umzugehen – nicht ums bloße Überleben.
Ruhiges Wetter über Null, Blaugrauvariationen, die Farben kommen ganz langsam durch. Gutes, herbes Training am Berg mit 7 Kilo im Rucksack. Hab neue Pfirsichmarmelade für den Joghurt mitgebracht – so holst du den Sommer ins Haus. Die Bohnen und Champignons wurden samt und sonders vertilgt, bei der Leber lässt man mir den alleinigen Vortritt. Jetzt Mendelssohn vom großartige Oktett um den Tschechen Josef Suk (1929-2011): das lebt und schwebt, ich kann es so oft abspielen, wie ich will: nichts verschleißt … Im Gegensatz zur letzten Hyazinthe, die nun allmählich ihren Duft verströmt hat.
Helko Reschitzki, Moabit
Bei leichten Plusgraden der Himmel tagsüber wie auf einem durch und durch grauen Aquarell ohne größeren Pigmenteinsatz. Trüber Höhepunkt eine Baustelle kurz vor dem U-Bahnhof Krumme Lanke, wo ich auf einer Ziegelmauer die leicht abgewaschene Aufschrift „Hilfskabel“ lese und ein Arbeiter mit orangebejacktem Oberkörper im Nieselregen aus einer Röhre ragt – er macht dabei keinen allzu glücklichen Eindruck.
Umso erfreulicher das realitätsgesättigte, wohltuend sarkastische Gespräch im „Haus am Waldsee“, wo ich mit der ausgesprochen netten Dame an der Kasse auf die radikalen Budgetkürzungen des Berliner Senats komme und uns spontan allerlei wirklich sinnvolle alternative Einsparmöglichkeiten einfallen – fragt die Kassiererinnen, Polizisten, Hausmeister, Krankenschwestern und Pflegerinnen, dann fließen deren Steuern tendenziell schon an die richtigen Stellen.
Die dortige, soeben eröffnete Ausstellung „Revisions“ mit Arbeiten von Ull Hohn, der 1995 mit nur fünfunddreißig Jahren verstarb. Ein paar wirklich sehr gute geheimnissvolle Landschaften in Dunkelgelb- und Orangebrauntönen, sowie eine gänzlich anders geartete Serie, die mich stutzen ließ, da sie mir merkwürdig vertraut vorkam – das Begleitheft klärte dann auf, dass es sich hierbei um Werke handelt, die nach den Schritt-für-Schritt-Anleitungen des us-amerikanischen TV-Malers Bob Ross entstanden sind, der mir in den Neunzigern mit seiner Sendung „The joy of painting“ ab und an beim Durchzappen auf den Bildschirm ploppte. Eine humorvoll hintersinnige Idee von Hohn, der diese Bilder dann in den Kunstbetrieb einspeiste.
Anschließend ging es in guter Tradition hinunter zum Schlachtensee, wo ich diesmal nur sehr wenige Vögel sah, was sich in den nächsten Wochen naturgemäß ändern wird; Säugetiere begegneten mir gar keine (vom Homo sapiens und dessen Canis lupus familiaris mal abgesehen). Zu vermelden ist die Sichtung jeweils einer Kohlmeise, Amsel und Tannenmeise, eines fliegenden Graureihers sowie zweier Höckerschwäne und Blässhühner. In Ufernähe noch eine dünne und brüchige Eisschicht – sehr zur Freude eines jungen Mannes, der gerade ins Wasser stieg und mir fröhlich erzählte, dass er just in diesem Moment seinen Winterwasseraufenthaltsrekord von 45 Sekunden auf 1 Minute erhöhen wolle – was ihm dann gelang. Es sei erst das zweite Mal, dass er bei solchen Temperaturen bade – ich sprach ihm meinen Respekt aus.
Auf meinem weiteren Weg Richtung S-Bahnhof Nikolassee war die Eiszeitniederung „Rehwiese“ großflächig von den ortsbekannten Wildschweinen zerwühlt. Ich sah dort aber leider bislang nie welche, im vergangenen Sommer kamen sie mir an einem frühen Morgen immerhin schon einmal zu Gehör. Vielleicht ergibt sich ja in diesem Jahr auch eine Inaugenscheinnahme.
Ein Nachmittag im Südwesten Berlins
Ergänzendes vom Projekt „Berliner Moorböden im Klimawandel“ der Humboldt-Universität zu Berlin: „Die Rehwiese Nikolassee bildet den südlichen Abschluss einer glazifluvialen Schmelzwasserrinne bzw. der Grunewaldseenkette, die in Schmelzwassersanden angelegt ist. Es ist ein Verlandungsmoor, in dem Kalkmudde und nachfolgend Detritusmudde sedimentiert wurde. Die Torfe sind meist weniger als 2 m mächtig und weisen im obersten Meter Radizellentorf mit Fieberklee- und Braunmoosbeimengungen auf.“ Somit wäre das auch geklärt. http://www.berliner-moorboeden.hu-berlin.de/content/project.php